Ausziehen
, verb. irreg. (
S. Ziehen,) welches in doppelter Gattung üblich
ist.I. Als ein Activum. 1. Heraus ziehen. 1) Eigentlich. Pflanzen ausziehen,
aus der Erde. Einem einen Zahn, einen Splitter ausziehen. Den Degen ausziehen,
aus der Scheide. Das Brot ausziehen, aus dem Ofen. Ingleichen metonymisch, sich
ausziehen, die Kleider ablegen, gleichsam den Leib aus den Kleider ziehen; und
nach einer neuen Metonymie, auch von gewissen enge anschließenden
Kleidungsstücken. den Rock, die Weste, die Schuhe, die Strümpfe
ausziehen. Daher figürlich, im gemeinen Leben, jemanden ausziehen, ihn
plündern, des Seinigen berauben. Werden sie die Waisen bekleiden, die sie
ausgezogen haben? Dusch. 2) Figürlich. (a) Etwas aus einem Rechnungsbuche
ausziehen, ausschreiben. (b) Eine Wurzel ausziehen, in der Rechenkunst, die
Factoren finden, deren Product die gegebene Potenz ist. (c) Durch
Auflösung heraus ziehen, in der Chymie. Die Kräfte einer Pflanze
ausziehen, durch die Destillation. Die Farbe ausziehen, durch Einweichen,
Sieden u. s. f. (d) Sich etwas ausziehen, bey einem Vergleiche vorbehalten.
Sich bey Vermiethung, eines Hauses ein Zimmer, bey Verpachtung eines Gutes
gewisse Früchte ausziehen. (e) Eine Stadt, eine Herrschaft bey dem Reiche
ausziehen, in dem Deutschen Staatsrechte, sie vertreten, ihre Reichslasten
tragen. Ausgezogene Stände, eximirte. 2. Aus einander ziehen, ausdehnen,
in die Länge ziehen. Die Wäsche ausziehen, wenn sie getrocknet
werden. Die Erze ausziehen, im Hüttenbaue, sie mit der Ausziehküste
auf dem Herde hin und her ziehen. Die Tücher ausziehen, bey den
Tuchmachern, sie ausdehnen. Das Eisen ausziehen, bey den Eisenarbeitern, es
dünner und länger schmieden, es strecken. 3. Ziehend aushöhlen.
So ziehen die Böttcher die Dauben aus, wenn sie selbige mit dem
Krummmesser aushöhlen. Die Büchsenmacher ziehen ein Rohr aus, wenn
sie es inwendig mit Reifen versehen.II. Als ein Neutrum, mit dem
Hülfsworte seyn. 1. Aus einem Orte ziehen, denselben mit seinem
Gepäcke verlassen, besonders aus einem Hause ziehen. Er wohnt nicht mehr
hier, er ist ausgezogen. 2. Mit einer gewissen Feyerlichkeit, im Gepränge
an einem Orte gehen, hinaus ziehen, auf das Feld ziehen, So ziehen die
Jäger mir dem Leithunde aus, wenn sie mit demselben auf die Vorsuche
gehen. Der biblische Gebrauch, für [
671-672] zu Felde
ziehen, ist im Hochdeutschen veraltet. 3. Sich in der größten
Geschwindigkeit davon machen. Das Wild zieht aus, wird flüchtig, bey den
Jägern. Sie hätten ihn sollen ausziehen sehen! Weiße. In der
Reitkunst wird ausziehen von dem stärksten Galopp gebraucht, Franz. la
Carriere.Daher die Ausziehung, in den Bedeutungen des Activi.
S. auch Auszug. [
673-674]