Aussehen
, verb. irreg. (
S. Sehen,) welches in doppelter Gattung üblich
ist.I. Als ein Activum. 1) Bis zu Ende einer Sache sehen, im gemeinen Leben,
und zwar so wohl dem Orte, als der Zeit nach. Eine Allee, die nicht auszusehen
ist. Lange, nicht auszusehende Wege, Klopst. ich konnte die Komödie nicht
aussehen. 2) Durch Besehen auslesen. Sich etwas aussehen. Einen zu etwas
aussehen, erwählen, bestimmen; in welcher Bedeutung doch ausersehen
üblicher ist. 3) Sich fast die Augen über etwas aussehen, mit
unverrückter Anstrengung darauf sehen, im gemeinen Leben.II. Als ein
Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Hinaus sehen, welches doch in dieser
Bedeutung weit üblicher ist, obgleich die Oberdeutschen ihr ausschauen,
und die Niedersachsen ihr utkiken in derselben häufiger gebrauchen.
Michal, die Tochter Saul, sahe zum Fenster aus, 1. Chron. 16, 29. Ingleichen,
obgleich auch nur selten, in das Freye sehen. Von hier kann man weit aussehen.
Nach etwas aussehen, sich darnach umsehen, im gemeinen Leben. Figürlich
sagt man wohl im gemeinen Leben, die Sache hat noch ein weites Aussehen, sieht
noch weitläufig aus, ingleichen, ein weit aussehender, d. i.
weitläufiger und daher ungewisser, Handel. Allein der Augenschein lehret
schon, daß dieser Gebrauch nicht einmahl grammatisch richtig ist, weil
hier das Activum anstatt des Passivi gesetzet wird, indem es doch wohl so viel
heißen soll, als eine Sache, die noch in einer weiten Ferne gesehen wird.
Sollte hier aber die folgende Bedeutung der äußern Gestalt Statt
finden, so müßte es wenigstens heißen, ein weitläuftiges
Aussehen, ein weitläuftigaussehender Handel. 2) Eine gewisse bestimmte
äußere Gestalt haben. (a) Eigentlich. Schwarz. gelb, roth, weiß
aussehen. Wohl, übel, häßlich, alt, jung, blaß aussehen. Du
siehst recht sauer aus. Er sieht so verhungert aus, wie ein Goldmacher. Er
sieht so fürchterlich nicht aus, als das Gerücht ihn macht. Es sieht
nicht gar zu ordentlich in seinem Zimmer aus. Sauer sollte die Traube seyn? Sie
sieht mir doch nicht darnach aus. Die Obersachsen, besonders Meißner,
gebrauchen in dieser Bedeutung häufig das einfache sehen, sie sehen ja
ganz verdrießlich aus, Gell.
S. Sehen. (b) Figürlich, beschaffen seyn. Wie sahe
es damals in der Stadt aus? Da sieht es noch sehr windig aus, Less. Besonders
mit den Präpositionen um und mit. Es siehet schlimm, gefährlich um
ihn, oder mit ihm aus, welches sich so wohl auf den physischen, als auch
bürgerlichen Zustand eines Menschen beziehen kann, Aber wie steht es um
die Ehre aus? Nur mit den Folgen sieht es sehr unsicher aus. Wie wird es nach
unserm Tode mit dem Nachruhme aussehen? Gell. Auf gleiche Art wird auch der
Infinitiv das Aussehen, Substantive für die äußere Gestalt und
Beschaffenheit gebraucht. Die Sache muß bald ein anderes Aussehen
gewinnen.
S. auch Aussicht. [
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