Aus
, eine Partikel, welche denjenigen Ort bezeichnet, in dessen
Innern eine Bewegung oder Handlung ihren Anfang nimmt, und welche in einer
doppelten Gattung üblich ist.I. Als eine Präposition, welche die
dritte Endung nach sich erfordert; und da hat sie die eben angeführte
Bedeutung, [
567-568] 1. Im eigentlichen Verstande. Aus dem
Bette kommen. Aus dem Hause gehen. Einen aus dem Sattel heben. Den Brand aus
dem Feuer reißen. Den Kopf aus der Schlinge ziehen. Er ist aus Schweden.
Man hat mir aus Paris geschrieben. Aus wird in diesem Falle alle Mahl der
Präposition in entgegen gesetzet, d. i. wenn auf die Frage wo? in folget,
so muß auf die Frage woher? aus gesetzet werden; hat aber die erstere
Frage eine andere Präposition, so bekommt die letztere das von. Die
Ursache davon liegt in der schon angezeigten eigentlichen Bedeutung des aus,
welche den terminum a quo nur in so fern andeutet, als er in dem Innern einer
Sache enthalten ist. Man sagt daher, aus der Kammer, aus dem Zimmer, aus der
Kirche, aus dem Garten, aus dem Hause, aus dem Walde kommen u. s. f. weil man
sagt, in der Kammer, in dem Zimmer, in der Kirche, in dem Garten, in dem Hause,
in dem Walde seyn. Hingegen kommt man von dem Rathhause, von dem Felde, von
Tische, von Hause, vom Hofe u. s. f. weil man auf dem Rathhause, auf dem Felde,
bey Tische, zu Hause, bey Hofe u. s. f. gewesen ist.Hierher gehören auch
sehr viele Arten zu reden, in welchen das aus diese seine eigentliche Bedeutung
hat, obgleich die ganze Redensart figürlich ist; z. B. eine Gelegenheit
aus den Händen lassen. Etwas aus der Acht lassen. Ich habe es mir
längst aus dem Sinne geschlagen. Eines folget aus dem andern. Einer aus
euch. Aus vollem Halse lachen, schreyen. Aus aller Macht laufen. Die Wehmuth
redete aus seinen Mienen. Die Unruhe und seyn Verbrechen redeten aus ihm, Gell.
Was muß doch aus dem Vogel singen? ebend. Aus ihrer seligen Ruhe sieht die
Weisheit auf Ameisen herunter, die um Strohhalme kämpfen, Dusch. Aus
freyer Hand, ohne mechanische Hülfsmittel.In einigen Redensarten ist der
weitere Begriff der Entfernung der herrschende, ohne daß eben auf das
Innere derjenigen Sache, wo die Veränderung ihren Anfang nimmt, gesehen
würde; das ist, aus stehet in einigen Fällen für von. Den Feind
aus dem Felde schlagen. Einem aus dem Wege gehen. Wir sind aus dem Wege
gekommen. Er hat sich aus dem Athem gelaufen, im gemeinen Leben. Aus seiner
Gelassenheit kommen, sie verlieren. Aus der Übung, aus der Mode kommen.
Wir wollen sehen, wie wir mit ihr aus einander kommen, Gell.2. Figürlich
bezeichnet es,a) Den Stoff, die Materie, in welcher eine andere Sache dem Raume
nach enthalten war. Man kann nicht aus einem jeden Holze eine Venus schnitzen.
Aus Stein gearbeitet. Aus Wasser Wein machen. Aus nichts wird nichts.
S. Von. Ingleichen in vielen figürlichen
Redensarten. Aus Freunden können Feinde werden. Was soll ich aus dir
machen, von dir halten. Ich mache mir nichts daraus, ich achte es nicht. Es
wird nichts aus der Sache, sie kommt nicht zu Stande. Das kommt aus dem
Genecke, das ist die Wirkung, die Folge davon. Der Mensch besteht aus Leib und
Seele. Ich dächte, ich machte kein Geheimniß aus der Sache. Du machst
aus einer Handlung ein Verbrechen, die doch nur ein Fehltritt ist.b) Den Grund
der Erkenntniß einer Sache. Ich weiß es aus der Erfahrung. Ich kann
es aus deinem Gesichte wahrnehmen. Aus den Reden anderer hörte ich es. Du
weißt es aus deinen eigenen Empfindungen, welche Wohlthat es ist,
Glückliche zu machen.c) Den Bewegungsgrund einer Handlung; im welchem
Falle das folgende Substantiv alle Mahl seinen Artikel verlieret. Er that es
aus Geitz. Aus Lust zur Ruhe. Aus Schwachheit sündigen. Ich konnte aus
Mangel der Gelegenheit nichtschreiben. That er es auch aus eigenem Triebe?
Viele Leute sind aus Dummheit fromm. Ich habe ihm diese Last aus gutem Herzen
aufgetragen. Aus der Ursache, aus diesem Grunde.d) Den Gegenstand einer
Unterredung; doch nur in der R. A. er hat mit aus der Sache gesprochen,
wofür doch von der Sache, oder über die Sache schicklicher und
richtiger ist.3. Zuweilen wird aus dem Substantive nachgesetzet, und da
verlieret es nebst der Endung des Substantives auch die Eigenschaft einer
Präposition, ungeachtet man es deßhalb eben noch nicht unter die
eigentlichen Adverbia rechnen kann. Es bedeutet alsdann, (1) den terminum a
quo, so fern er in dem Innern einer Sache enthalten ist. Er schrieb mir von
Berlin aus. Ein fürstlicher Rath von Hause aus, ein Agent von Hause aus,
der die Geschäfte seines Obern aus dem gewöhnlichen Orte seines
Aufenthaltes besorget. Der brausende Sturm, der das Meer von Grund aus
aufrühret. (2) Den terminum ad quem, so fern derselbe zugleich das Ende
ist, bis zu Ende, doch nur im gemeinen Leben. Er gehet das ganze Haus aus. Wir
standen die ganze Predigt aus. Jahr aus, Jahr ein, von einem Jahre zum andern,
alle Jahre.II. Als ein Umstandswort, welches aber nur von einem
eingeschränkten Gebrauche ist. Es bezeichnet alsdann, 1. das Ende einer
Sache, gemeiniglich nur mit dem Hülfsworte seyn. Der Handel ist aus, zu
Ende. Der Wein ist aus, es ist kein Wein mehr da. Es ist aus mit ihm, seyn
Wohlstand hat ein Ende, oder auch, er ist gestorben. Es ist noch nicht ganz aus
mit ihm. Nicht alles ist hier aus, Dusch, es hat nicht alles mit dem irdischen
Leben ein Ende. In diesem Falle kann aus seyn auch als ein zusammen gesetztes
Wort angesehen werden,
S. Ausseyn.2. Stehet es auch zuweilen für heraus
und hinaus. Er weiß weder aus noch ein, er befindet sich in der
größten Verlegenheit.Anm. 1. Opitz gebraucht aus und aus sehr oft
intensive für überall, an allen Orten, durchaus, in allen
Stücken; z. B.
Dieß ganze hier, der Erden schönes Haus, Hat er so
tief gesetzet aus und aus, Ps. 93, 2. Ihr werdet stets dem Herren aus und
aus Gesegnet seyn, Ps. 115, 8. Der mit der großen Faust die Welt spannt aus
und aus, u. s. f.
Allein dieser Gebrauch ist im Hochdeutschen völlig
unbekannt.Anm. 2. In vielen Wörtern nimmt diese Partikel den hintersten
Platz, und bedeutet alsdann einen terminum a quo, wie oben, oder eine
Entfernung, oder auch eine Ausleerung und Endigung. Dergleichen sind z. B.
daraus, durchaus, voraus, garaus, heraus, hinaus, hintenaus, hieraus,
überaus, woraus; ingleichen die im gemeinen Leben üblichen
Substantiva, das Garaus, Kehraus, Reißaus, welche daher, so wie andere
ähnliche Wörter indeclinabel sind.Anm. 3. Wenn aber diese Partikel
mit Verbis zusammen gesetzet wird, so ist die Bedeutung weit vielfacher. Denn1)
Die Präposition aus bezeichnet alsdann eine Bewegung, welche sich von
einem gewissen angenommenen Mittelpuncte entfernt, und zwar so, daß
entweder zunächst auf den Mittelpunct gesehen wird, wo die Bewegung ihren
Anfang nimmt, oder auf das Ziel, wohin sie gerichtet ist.a) In dem ersten Falle
stehet es für heraus, wie in ausathemen, ausbeißen (einen Zahn),
ausbürsten (den Staub), ausbeitzen, sich etwas ausbitten, ausbleichen, das
Fett ausbraten, einen Zahn ausbrechen, die Speise ausessen, einen
Nagel [
569-570] ausziehen, das Unkraut ausrotten u. s. f.
wo es auch oft metonymisch derjenigen Sache beygefüget wird, auf welcher
die Handlung vorgehet, mit Verschweigung derjenigen, welche eigentlich in
Bewegung gesetzet wird; z. B. den Hut ausbürsten, das Kleid ausklopfen,
die ganze Schüssel ausessen, sich ausziehen, ein Ey ausblasen, Tressen
ausbrennen u. s. f. Aus dieser Bedeutung fließen wieder verschiedene
figürliche, die mit ihren kleinen Abänderungen und Nebenbegriffen gar
sehr vervielfältiget sind; wo von aber die vornehmsten etwa folgende seyn
mögen. (a) Den Sitz einer Handlung im Innern eines Körpers
auszudrucken. Eine Nabe ausbohren, ein Faß ausbrühen, einen Becher
ausdrechseln, einen Weg ausfahren, ausfüllen, ein Loch mit Bley
ausgießen, einen Stall ausbohlen u. s. f. (b) Eine Intension auszudrucken,
oder anzuzeigen, daß die Handlung den gehörigen Grad der
Vollkommenheit erreicht habe, gleichsam von Grund aus. Eine Schrift
ausarbeiten. Das Brot ist nicht ausgebacken. Etwas ausbessern, ausbilden,
ausbluten, ausplatten, ausdauern, ausflicken, ausspotten, ein Haus ausbauen u.
s. f. wo aus der Intension oft nur eine bloße müßige
Verlängerung wird. (c) Die Endschaft einer Handlung oder eines Zustandes.
Die Bäume haben ausgeblühet, das Meer hat ausgebrauset, der Zornige
hat ausgetobet, die Andächtige hat schon ausgebethet u. s. f. Alle diese
Verba sind Neutra, welche das Hülfswort haben zu sich nehmen, sie
können mit allen Verbis gemacht werden, sie mögen Activa oder Neutra
seyn, sind aber nur in den zusammen gesetzten Zeiten üblich, aber auch
hier oft gemein und niedrig.b) In dem zweyten Falle, wo nehmlich mehr auf das
Ziel gesehen wird, wohin die Bewegung gerichtet ist, so fern dasselbe von dem
Mittelpuncte entfernet ist, stehet aus für hinaus; wie in austreiben,
auspeitschen, jemanden ausbeißen, ausschließen, einen Miethmann
ausbiethen, ausgehen, ausrücken, ausfahren u. s. f. Figürlich
bedeutet diese Partikel vornehmlich: a) die Verbreitung einer Sache, ihre
Vertheilung unter mehrere, ihre Bekanntmachung; u. s. f. Dahin gehören:
Eine Auflage ausschreiben, ein Geheimniß ausplaudern, ausposaunen, ein
Fest ausblasen, eine Sache ausbiethen, Geld ausborgen, den Frieden ausrufen, u.
s. f. b) Die Handlung, nach welcher eine Sache aus einem kleinern Raume in
einen größern gebracht wird, wo es für aus einander stehet; wie
in ausballen, ausbinden, ausflechten, ausbreiten, ausdehnen, auswickeln u. s.
f.2) Das Umstandswort aus hat vornehmlich eine doppelte Bedeutung. (a) Stehet
es für auswärts, in ausbleiben, ausstehende Schulden, und noch
einigen wenigen andern. (b) Deutet es die Aufhebung der Dauer einer Sache, die
Vernichtung derselben an, deren nähere Art und Weise durch das Verbum
bestimmt wird. Dahin gehören: das Licht ausblasen, die Lampe
auslöschen, das Feuer ausgießen, eine Schrift auswischen u. s. f.Anm.
4. Fast alle Europäische Sprachen haben diese Partikel, obgleich unter
allerley Veränderungen. In den meisten ist der Vocal ein u. Goth. us, ut,
uta; Angelsächs. ut; Alem. und Fränk. uz; Engl. out; Holländ.
uyt; bey den Krainerischen Wenden is. Selbst das Persische ez. und Lateinische
ex gehören hierher. Der unangenehme Doppellaut an gehöret der
jüngern Alemannischen Mundart zu. Die Schweizer, Salzburger und andere
Oberdeutsche sprechen noch uß, und die Niedersachsen ut Das s ist der den
Alemannen so beliebte Zischlaut. Die Niedersachsen und alle mit ihnen verwandte
Mundarten haben dagegen, wie in tausend andern Wörtern, ein
t. [
571-572]