Die Ähre
, plur. die -n. Diminutiv. das Ährchen, der oberste Theil
der Halmen an den Grasarten, besonders an den Getreidearten, welcher der Sitz
der Blüthe und des Samens ist. Ähren bekommen, oder gewinnen. Das
Korn fängt an in die Ähren zu schießen, es gehet in die
Ähren, wenn die Ähren aus ihren Schoßbälgen hervor kommen.
Ähren lesen, auslesen, sammeln, in Schwaben klauben, ein Hülfsmittel
armer Leute, nach abgeschnittenen und aufgebundenen Getreide, die übrig
gebliebenen Ähren aufzusammeln. Daher die Ährenlese, oder Halmlese,
und der Ährenleser, oder Halmleser. Dort schwimmen die Westwinde auf der
grünen Fläche der ährenvollen Gefilde, Dusch. In der
Kräuterkunde heißt eine Ähre, eine jede Sammlung von
Blüthen, welche entweder ohne, oder mit sehr kurzen angedrückten
Stängeln an dem Hauptstängel sitzen.Anm. Dieses Wort lautet im
Nieders. Aar, Are, und im Holländ. Are. Viele rechnen es mit zu dem
Geschlechte, zu welchem ären, pflügen, Arbeit in Ansehung seiner
ersten Sylbe, Ärnde, Jahr, und noch andere gehören. Allein wenn man
bedenket, daß dieses Wort in allen alten Mundarten in der Mitte eine
starke Aspiration hatte, wie aus dem Angels. Aechir, woraus nachmals Ear
zusammen gezogen worden, dem Gothischen Ahs, dem heutigen Dänischen Ax,
und dem alten Alemann. Ahir (denn diese sprachen das h wie das heutige ch aus)
und dem heutigen Oberschwäbischen Aher erhellet; so wird man Wachtern
gerne beyfallen, wenn er behauptet, daß in dieser Benennung zunächst
auf die Agen, Acheln oder Grannen an den Fruchtähren gesehen worden, und
daß man daher dieses Wort auch zu Agen, Ahle, Ecke, und so vielen andern
dieses Geschlechts rechnen müsse. Bey den Wenden in Krain bedeutet Ersh,
Korn, Dinkel. [
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