2. Ach
, eine Interjection, welche der natürliche Ausdruck nicht
nur aller Leidenschaften, mit allen ihren Schattirungen, sondern auch aller
Gemüthsbewegungen und lebhaften Vorstellungen überhaupt ist. Es ist
also, und zwar 1) eigentlich und zunächst, der Ausdruck des Schmerzens,
und zwar nach allen seinen Stufen und Abänderungen. Ach, ich
Unglücklicher! Ach, wie schmerzet diese Wunde! Ach und weh! Daher die
gemeine Redensart, Ach und weh schreyen. In dieser Bedeutung wird Ach! auch
zuweilen als ein Substantiv gebraucht, welches indeclinabel ist, und alsdann
bedeutet es so wohl den Ausbruch der schmerzhaften Empfindung durch Seufzer,
als auch den Schmerz selbst. Mein Ach ist deine Freude.
Das Ach, das ihn mitleidig machen soll, Gell. Manich achFueget
mir dü reine,
sang Werner von Teusen, unter den Schwäbischen Dichtern.
2) Der Angst. Ach, wie beklemmt es mir das Herz! Ach, wie schlägt mir das
Herz! Ach, ach, ich bin des Todes! 3) Der Furcht. Ach, was wird dieses
Anzeichen bedeuten! 4) Des Schreckens. Ach, ein Geist! ein Geist! Ach, mein
ganzes Geblüt starret mir in den Adern! Ach, das ist ja erschrecklich! 5)
Des Unwillens. Ach, daß ich jetzt nicht Zeit habe, dich nach Verdienst zu
strafen! Ach, daß du kalt wärest! Ach, wir brauchen deiner Hülfe
nicht! Ach, denken sie mir nur nicht wieder daran! Ach, warum wird er dich
dennnicht haben wollen! 6) Des Mitleidens, der Bedaurung. Ach, das ist ewig
Schade! Ach, daß der gute Mann gestorben ist! Ach, du armes Kind! 7) Der
Wehmuth, des Grames. Ach, liebstes Kind, Julchen wird glücklicher, weit
glücklicher, als sie! Gell. Ach, wenn ihr wüßtet, was das gute
Kind ausgestanden hat! Weiße. Besonders des zärtlichen Kummers, indem
mit seinem Ach und O niemand verschwenderischer umgeht, als die Verliebten.
Ach, ich Unglücklicher, wie gut wäre es für mich, wenn ich sie
weniger liebte! Ach, werden sie es denn niemahls glauben, wie zärtlich ich
sie liebe? 8) Der Klage. Ach, bin ich doch so müde! Ach, die Haussorgen
nehmen einen gar sehr mit! 9) Der Sehnsucht, des Verlangens, des Wunsches. Ach,
wollte doch der Himmel, daß ich etwas zu ihrer Beruhigung beytragen
könnte! Ach, warum kann nicht die ganze Welt ihrer Großmuth zusehen!
Ach, hätte ich diese unglückliche Entdeckung doch nie gemacht! Ach,
lassen sie mich es doch sehen! Ach ja, thun sie es doch! 10) Des Beyfalls, des
Vergnügens, der Freude, der Entzückung. Ach, das ist schön! Ach,
wie entzücken sie mich durch ihre Güte! Ach, hören sie doch, was
für ein Glück und bevor steht! Ach, wie froh bin ich, daß ich
ihn nicht gesehen habe! Ach, was ist der Umgang mit großen Herzen für
eine Wollust? Gell. 11) Der Bewunderung. Ach, was für ein vortrefflicher
Mann er nicht ist! Ach, das ist ja etwas Englisches! Ach, Himmel! mit welcher
Annehmlichkeit, mit welcher Unschuld sagt sie dieß! Gell. 12) Endlich
begleitet dieses Wörtchen oft auch weit schwächere Empfindungen, und
da dienet es der folgenden Rede gleichsam zum Eingange, anzudeuten, daß
das Herz seinen Antheil daran habe. Ich habe ihnen recht viel zu sagen, ach
viel. Ach, es hat nichts zu sagen. Ach, wenn sie so hübsch ist, wie ihr
seyd, so muß das ein artiges Pärchen werden, Weiße. Indessen ist
nicht zu läugnen, daß es oft sehr übel angebracht wird, und
besonders im gesellschaftlichen Umgange von manchen Personen, auch an solchen
Stellen eingeflickt wird, wo kein begreiflicher Antheil des Herzens vorhanden
ist, wohin denn das so gemeine ach ja! ach nein! ach freylich! und andere
Kernausdrücke der gezierten Sprechart, in den meisten Fällen
gehören.Anm. 1. Ach ist der Schall, den der von einer beängstigten
Brust ausgestoßene Athem verursacht. Es ist die natürliche Sprache
des Herzens, und daher ist es sich auch, so wie dieses, unter allen
Himmelsstrichen und in allen Sprachen gleich. Der Hebräer seufzete -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und
-
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , der Grieche -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ohne Hauchlaut, der Lateiner Aha, Ah, der Perser
Ah.
S. auch Ächzen. Einige Deutsche gröbere
Mundarten haben ihr och! und die Niedersachsen ihr o! außer wenn es einen
Beyfall, eine Bewunderung ausdrücken soll, welche Empfindungen sie lieber
mit aa! an den Tag legen.2. So wie sich die Leidenschaft keiner Regel
unterwirft, so bindet sich auch dieses Wörtchen an keine bestimmte
Wortfügung. Wenn es ein Nennwort bey sich hat, so steht dieses am
häufigsten in der ersten Endung. Ach, ich armer Mann! Etwas seltener
findet man es mit der zweyten. Ach miner not, klagt Heinrich von Framenberg,
einer von den Schwäbischen Dichtern. Ach meines Jammers und Herzeleides!
Jer. 10, 19. Wenn man es mit der dritten Endung findet, so rühret diese
von dem ausgelassenen weh her, welches oft mit ach verbunden wird. Mit der
vierten Endung, z. B. ach mich armen! ist es wohl eine Nachahmung des
Lateinischen, obgleich schon Notker, vermuthlich durch die Vulgata verleitet,
ah mih! hat.3. Gemeiniglich stehet ach zu Anfange des Satzes, der die
Empfindung entwickelt; aber es kann seinen Platz auch hinter [
145-146] einem oder mehrern Worten finden; ein Umstand, der
besonders den Dichtern wohl zu Statten kommt.
Mitleidig, ach! verweilte, Ich keinen Augenblick,
Weiße. Gnug, Hannchen war für mich geboren, Und, ach! sie ist verloren,
Ebend.
4. Wenn die Empfindung, welche dieses Wörtchen
ankündiget, so stark ist, daß sie sich durch einen wahren Ausruf
äußert, so erfordert es auch das Ausrufungszeichen; nur daß
dieses zu Ende des ganzen Satzes, der den Ausruf enthält, gesetzet, das
ach aber bloß mit einem Komma begleitet wird: ach, welch ein Schmerz!
Macht dieses Wörtchen aber einen Ausruf allein aus, wie in den oben
angeführten Stellen, so bekommt es dieses Zeichen auch unmittelbar nach
sich.
S. die Orthogr. [
147-148]