Abschneiden
, verb. irreg. act.
S. Schneiden.1) Durch Schneiden absondern, und zwar, (1)
eigentlich, vermittelst des Messers, der Scheere, der Säge und der Sichel.
Haare, Wolle abschneiden. Gras, Getreide abschneiden. Ein Stück Brot,
etliche Ellen von einem Stücke Tuch abschneiden. Sich die Kehle
abschneiden. Ingleichen durch Schneiden kürzer machen, beschneiden. Sich
die Nägel abschneiden. Eine Gans, ein Huhn abschneiden, demselben den Hals
abschneiden. Etwas auf dem Kerbholze abschneiden, abrechnen. Abschneiden, oder
ein Abschneiden halten, heißt daher bey den Tuchmachern und
Walkmüllern so viel, als mit einander abrechnen, weil ihre Rechnungen noch
auf Kerbhölzern geführet werden, die man alsdann abzuschnei-den
pfleget. Der Tag da solches geschieht, wird daher auch ein Abschneidungs-Termin
genannt. Mit der Säge abschneiden, bey den Tischlern und Holzarbeitern,
für absägen. Einem den Lebensfaden abschneiden, für tödten,
ist eine sinnbildliche R. A. aus der alten Mythologie, wo das menschliche Leben
mit einem von den Parcen gesponnenen Faden verglichen wurde. (2) In
figürlichem Verstande, (a) der Annäherung einer Sache, als eines
Mittels der Wohlfahrt plötzlich berauben. Einem den Weg, den Zugang
abschneiden. Einer Stadt das Wasser abschneiden, abgraben. Dem Feinde die
Lebensmittel abschneiden, die Zufuhre derselben hindern. Durch Abwerfung einer
Brücke dem Feinde die Flucht, den Rückweg abschneiden. Ein Corps, ein
Regiment, ein Schiff abschneiden, denselben den Weg zur Hauptarmee, zur Flotte
verrennen. Einem die Hoffnung, die Gelegenheit, die Ursache zu etwas
abschneiden, plötzlich und gänzlich benehmen. In der
äußersten Noth, da alle andere Zuflucht mir abgeschnitten war, Dusch.
Ich glaubte, ihm dadurch alle seine eiteln Hoffnungen gänzlich
abzuschneiden, ebend. Einem alle Ausflüchte, allen Vorwand abschneiden.
Alles ist uns abgeschnitten, es sind uns alle Hülfs- und Rettungsmittel
benommen. (b) Einem seine Ehre abschneiden, durch Verleumdung derselben
berauben. (c) Sich abschneiden, in seinem Fortgange plötzlich
aufhören. So sagt man in den Bergwerken, die Erze schneiden sich ab, der
Gang schneidet sich ab, wenn sie auf einmahl aufhören.2) Durch Schneiden
nachbilden. Eine Kappe, eine Haube abschneiden, von derselben ein Muster in
Papier nachschneiden. Daher die Abschneidung in allen obigen Bedeutungen.
S. auch Abschnitt.Anm. Bey dem Kero, dem ältesten
Oberdeutschen Schriftsteller, heißt dieses Zeitwort abasnidan, und die
heutigen Oberschwaben sprechen es noch jetzt abaschnidan aus. [
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