Abnehmen
, verb. irreg.
S. Nehmen, welches auf zweyerley Art üblich ist.I.
Als ein Activum, wo es überhaupt den Begriff des Herabnehmens und der
Absonderung ausdruckt, so daß nehmen als ein allgemeines Zeitwort
verschiedene besondere Arten des Nehmens begreift, und zwar1. In eigentlicher
Bedeutung. (a) Von einem höhern Orte, oder von der Oberfläche eines
Dinges herab nehmen. Den Hut abnehmen, ihn von dem Kopfe ziehen. Die
Früchte abnehmen, sie von dem Baume brechen oder pflücken. Abnehmen,
im Kartenspiele, die obern Karten abheben. (b) Von einer Person oder Sache
nehmen, mit verschiedenen Nebenbedeutungen. Den Gefangenen das Gewehr abnehmen,
es sie ablegen lassen. Einem ein Buch, Hut und Stock abnehmen, aus seiner Hand
nehmen. Einem eine Last, eine Bürde abnehmen, in eigentlicher, noch mehr
aber in uneigentlicher Bedeutung. Den Rahm abnehmen, von der Milch, ingleichen
metonymisch, die Milch abnehmen, den Rahm von der Milch abschöpfen. (c)
Vermittelst des Messers, der Schere, der Säge oder ähnlicher
Werkzeuge wegnehmen, in der anständigern Schreib- und Sprechart. Einem ein
Glied abnehmen, abschneiden. Sich die Haare, den Bart abnehmen, abscheren
lassen. Den Schafen die Wolle abnehmen. Noch etwas abnehmen, abschneiden,
abhauen, absägen u. s. f. (d) Im Stricken bedeutet abnehmen, die Maschen
vermindern, damit ein Strumpf enger werde, welches vermittelst des Abstrickens
zweyer Maschen auf einmahl geschiehet. In Niedersachsen abkanteln, mindern.2)
Figürlich. (a) Ein Kalb abnehmen, in der Landwirthschaft, es von der Kuh
trennen, und dadurch entwöhnen; auch abbinden. (b) Abkaufen. Einem eine
Waare abnehmen. (c) Von einer Sache befreyen, derselben entledigen. Einem eine
Last, eine Bürde abnehmen, in figürlicher Bedeutung. Bedauerst du
mich, daß der Tod mir diese Bürde abnimmt?. Dusch. So auch, einem ein
Amt abnehmen. (d) Ablegen lassen. Einem einen Eid, eine Rechnung abnehmen. Das
Gedinge abnehmen, im Bergbaue, die verdingte Arbeit besichtigen. (e) Mit List
oder Gewalt einer Sache berauben. Dem Feinde den Raub abnehmen. Einem sein Geld
abnehmen, im Spiele abgewinnen. (f) Aus etwas erkennen, urtheilen. Die Sache,
woraus man es erkennet, bekommt an, oft auch aus. Es läßt sich dieses
leicht daraus oder daran abnehmen, schließen. So viel ich abnehmen kann.
Ich konnte es leicht an deinem Gesichte abnehmen. Die Stunde eines Ganges
abnehmen, im Bergbaue, dessen Streichen nach dem Compasse wahrnehmen, messen.
Kommt, nehmet ab an mir, ob jemahls euer Herz, Empfunden solche
Pein, Opitz.
Im Oberdeutschen entnehmen.II. Als ein Neutrum, welches das
Hülfswort haben zu sich nimmt, bedeutet es so wohl an körperlicher
Größe, als auch an Dauer, an Kräften und innerer Güte nach
und nach vermindert werden. (a) An körperlicher oder doch scheinbarer
Größe. Der Mond nimmt ab. Das Abnehmen des Mondes. Im abnehmendem
Monde, wofür man im Osnabrückischen im Wannen sagt. Der Mond ist im
Abnehmen. (b) An Anzahl und Menge.Die Soldaten nehmen ab, es werden ihrer immer
weniger. Die Heiligen haben abgenommen. Das Geld nimmt ab. (c) An Leibesgestalt
und Kräften. Er hat sehr abgenommen, ist mager geworden. Er nimmt
zusehends ab. Am Leibe, an Kräften abnehmen. (d) An Vermögen und
Ansehen. Dieses Haus hat gar sehr abgenommen. Dieses Geschlecht kommt,
geräth ins Abnehmen, ist in Abnehmen gerathen. (e) An Dauer. Die Tage
nehmen ab. Die Nächte haben abgenommen. (f) An innerer Stärke. Die
Hitze, die Kälte nimmt ab. Mein Gesicht, Gedächtniß hat gar sehr
abgenommen. Die Krankheit nahm ab. Die Lust zum Studiren wird bey ihm bald
abnehmen.Anm. Abnehmen, beym Notker abanemen, hatte in der thätigen
Gattung ehedem noch verschiedene andere Bedeutungen, die man bey dem Haltaus h.
v. finden kann. [
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