Zwey
, [
1785-1786] eine Grundzahl, welche
zwischen ein und drey in der Mitte stehet, und in den Geschlechtern und
Endungen unveränderlich ist, wenn es sein Hauptwort bey sich hat, und entweder
der Artikel, oder ein Pronomen, oder auch eine dasselbe regierende Präposition
vorher gehet. Die zwey Thaler, die zwey Schwestern, diese zwey Häuser. Der
Freund der zwey Fremden. Vor zwey Jahren. Von den zwey Ducaten ist einer
falsch. Wenn aber der Artikel oder das Pronomen fehlet, auch keine Präposition
vorher gehet, welche dasselbe regieret, folglich der Casus aus sonst nichts
erkannt werden kann, so hat es zu dessen Bezeichnung im Genitiv zweyer und im
Dativ zweyen. Der Ertrag zweyer Rittergüter. Der Zwist zweyer Freunde. Auf
zweyer Zeugen Mund, wo zwar eine Präposition vorher gehet, welche aber nicht zu
zwey, sondern zu Mund gehöret. Entdecke dich zweyen Freunden. Eben so verhält
es sich, wenn es absolute, d. i. ohne Substantiv stehet, da zwar der Nominativ
und Accusativ zwey lautet, aber der Genitiv und der Dativ auf die vorige Art
bezeichnet werden. Sie kamen alle zwey. Es gehet auf zwey. Zweyer Zeugniß ist
nicht hinlänglich. Das Gut gehöret zweyen zu.
S. davon mein Lehrgebäude Th. 1, S. 571 f. Einige
südliche Deutsche Provinzen decliniren dieses Zahlwort nach den Geschlechtern,
zween, zwo, zwey: zween Männer, zwo Frauen, zwey Häuser; zweener Männer, zwoer
Frauen, zweyer Häuser u. s. f. welches denn in der Schriftsprache, selbst von
Hochdeutschen Schriftstellern nicht nur nachgeahmet, sondern auch wohl als
nachahmungswürdig empfohlen worden. Gisellon zuene guate, Ottf. Zuene dag, eben
ders. Zuene Salmun, Kero.
Zweene (zween) Räuber zankten sich Des gestohlnen Esels wegen,
Haged.
Luther hat in der Deutschen Bibel diese Declination mehrmahls
beobachtet, aber eben so oft, und vielleicht noch häufiger, zwey ohne
Unterschied des Geschlechtes gebraucht. Es läßt sich auch aus andern alten
Schriftstellern beweisen, daß dieser Unterschied von keinem beständig
beobachtet worden, woraus erhellet, daß er in der Schriftsprache fremd ist, und
nur durch Nachahmung eingeführet worden. Zwischen zwey froeiden, einer der
Schwäbischen Dichter. Dhero zueio heido, zuene dhero heido, der zwey Personen,
im Isidor; wo Heido, unser -heit, die Person, ein Fämininum ist. Vieler anderer
Beyspiele zu geschweigen. Ich habe in meinem Lehrgebäude Th. 1, S. 569, noch
mehr aber in meinem Magazine B. 1, St. 3, S. 37 f. die Gründe angezeiget, warum
diese Declination wider alle Hochdeutsche Analogie, folglich höchst verwerflich
ist, und will sie hier kürzlich wiederhohlen. 1. Die Analogie aller übrigen
Zahlwörter, worunter sich kein einziges befindet, welches das Geschlecht
bezeichnet. Drey Männer, drey Blumen, vier Frauen. Zwar scheinet ein eine
Ausnahme zu machen, weil dieses nach den Geschlechtern gebogen wird: ein Mann,
eine Frau, ein Haus. Allein ein ist kein bloßes Zahlwort, sondern der
unbestimmte Artikel, und in manchen Fällen ein wahres Adjectiv. Um der beyden
letzten Bestimmungen Willen mußte es vollständige Biegungszeichen annehmen, und
da diese einmahl hatte, so behielt es selbige auch als Zahlwort. Allein, da
kein anderes Zahlwort weder als Artikel, noch als ein wahres Adjectiv gebraucht
wird, so kann es demselben auch nicht zur Regel dienen. 2. Die Analogie aller
übrigen Bestimmungswörter des Substantives. Zwey ist nur im Plural
gebräuchlich. Kein einziges Deutsches Bestimmungswort bezeichnet im Plural das
Geschlecht. Warum solle es gerade das zwey thun? 3. Die Analogie der Biegung
selbst. Das Geschlecht wird in allen übrigen Fällen durch angehängte
Geschlechtssylben bezeichnet: gut-er Mann, gut-e Frau, gut-es Haus; aber in
zween, zwo, zwey geschiehet die Biegung auf die unregelmäßigste Art von der
Welt. 4. Die Analogie der Hochdeutschen Mundart, welcher diese ganze
Declination fremd ist, daher sie nur von einzelnen Schriftstellern aus
Nachahmungssucht angenommen, aber nicht einmahl beständig behauptet worden. Ich
glaube, diese Gründe sind hinlänglich, ihre Verwerflichkeit zu beweisen. Diese
Declination ist eine bloße Eigenheit des Volkes in einigen südlichen Deutschen
Provinzen, z. B. in Baiern, Tirol, Steiermark; und es scheinet, daß sie ein
alter Dualis ist, welcher sich in mehrern alten Sprachen befindet, und seinen
Ursprung der Ungewißheit zu danken hat, ob die Zahl zwey zur Vielheit
gerechnet, folglich durch den Plural ausgedruckt werden könne. Als sich die
Deutsche Sprache mit ein wenig mehr Bewußtsein der Absicht und Mittel
ausbildete, ließen die neuern Mundarten diesen Überrest der frühesten
Alterthumes veralten, weil ein dunkeles Gefühl ihnen sagte, daß kein Deutsches
Bestimmungswort im Plural das Geschlecht bezeichnen dürfe, folglich solches an
einem Zahlworte am unschicklichsten seyn würde. Anm. Dieses Zahlwort ist
überaus alt, und findet sich fast in allen, selbst den entferntesten Sprachen
wieder, zum klaren Beweise, daß es, so wie andere ähnliche Zahlwörter, im
Deutschen nicht einheimisch, sondern von einem ältern Volke entlehnet wor-
[
1787-1788] den. Im Oberdeutschen lautet es von den
frühesten Zeiten an zuen, zuo, zuei, bey dem Ulphilas twa, twai, two, im
Niederdeutschen twe, im Angels. tu, twa, twegen, im Engl. twe, im Schwed. tvä,
im Irländ. do, bey den Krimmischen Tatarn tua, im Lat. duo, im Griech.
hier nichtlateinischer Text, siehe Image im Slavon. dwa, dwie,
dwoie, im Persischen dou, im Indostanischen du, dujum, u. s. f. Es wird, so wie
die übrigen Zahlwörter, mit vielen Adjectiven zusammen gesetzt, welche außer
der Zusammensetzung nicht üblich sind: ein zweymännisches Bett, worin zwey
Personen schlafen können; zweybohrige Röhren, welche im Durchmesser zwey Zoll
halten; zweytägig, zweystündig u. s. f. In einigen Wörtern gehet es in zwie
über, wie in zwiefach, Zwieback, zwier u. s. f. [
1787-1788]