Zerstreuen
, [
1691-1692] verb. reg. act. 1. Eigentlich,
aus einander streuen. Staub welchen der Wind zerstreuet. 2. Figürlich. (a) Auf
eine fehlerhafte Art aus einander theilen. Der Mahler zerstreuet seine Lichter,
wenn sie nicht genug durch Schatten contrastiret sind, und daher das Auge
verblenden. (b) Theilen und dadurch unwirksam oder unmerklich machen. Jemandes
Furcht zerstreuen. Wir müssen den Verstand anwenden, durch sein Licht den
falschen Glanz des Lasters zu zerstreuen, Gell. Die Sonne, die den Nebel
zerstreuet. Jemandes Besorgnisse zerstreuen. (c) Die Aufmerksamkeit auf mehrere
fremdartige Dinge lenken. So zerstreuet man einen Bekümmerten, wenn man dessen
Aufmerksamkeit von dem Gegenstande seines Grames an andere Dinge lenket. Sich
ein wenig zerstreuen, seine Aufmerksamkeit von den gewöhnlichen Gegenständen
auf andere Dinge lenket. Sich ein wenig zerstreuen, seine Aufmerksamkeit von
den gewöhnlichen Gegenständen auf andere richten. In engerer Bedeutung
zerstreuet man sich und andere, wenn man die Aufmerksamkeit auf eine
fehlerhafte Art theilet, sie von einem pflichtmäßigen Gegenstande auf
fremdartige Dinge lenket. Das Participium zerstreuet wird gemeiniglich in noch
engerer Bedeutung von der Fertigkeit gebraucht, sich des Zusammenhanges seiner
Vorstellungen mit sich selbst unbewußt zu seyn, oder die Aufmerksamkeit mehr
auf fremdartige Gegenstände, als auf sich, zu lenken. Zerstreut seyn, den
Zerstreuten spielen. Anm. Schon im Ottfried in eigentlicher Bedeutung
gistreuan; ingleichen zispreitan. Die letztere figürliche Bedeutung scheinet
neuern Ursprunges, und nach dem Franz. distrait gebildet zu seyn.
[
1693-1694]