Wohnen
, [
1599-1600] verb. reg. neutr. mit dem
Hülfsworte haben, seinen beständigen Aufenthalt an einem Orte haben. 1.
Eigentlich. (1) Von dem Orte im weitesten Verstande. In der Stadt, auf dem
Lande wohnen. In Afrika, in Rom wohnen. In Höhlen wohnen, auf einem Berge
wohnen. Die wilden Thiere wohnen in einsamen Gegenden. (2) In engerer
Bedeutung, von dem Gebäude, in welchem man seinen gewöhnlichen oder beständigen
Aufenthalt hat; da es denn so wohl von dem eigenthümlichen, als auch
gemietheten Aufenthalte gebraucht wird. In einem Pallaste, in einer Hütte
wohnen. Bey jemanden wohnen, in dessen Hause. Einem gegen über wohnen. Am
Flusse, an der Straße wohnen. Bequem, angenehm, unbequem, schlecht wohnen, eine
solche Wohnung haben. Im ersten Stock, hinten aus, unter dem Dache wohnen. Ich
weiß ihn wohnen, im gemeinen Leben, ich weiß, wo er wohnt. 2. Figürlich. (1) An
einem Orte einheimisch seyn. So sagt man, eine Pflanze wohne in China, wenn sie
dort wild wächset. Golderz wohnet in Ungarn, wenn es daselbst häufig gebrochen
wird. (2) Sich auf eine beständige Art thätig und gegenwärtig beweisen. Ein
Herz, in welchem die Tugend, das Laster wohnt. Es kann keine gute Neigung in
einem Herzen woh- nen, wo die unmäßige Begierde nach Reichthum herrscht, Gell.
Und lügt die Stirn auch Fröhlichkeit, So wohnt im Herzen
Mißvergnügen, Weiße.
Daher das Wohnen, und die Wohnung.
S. das letztere im Folgenden besonders. Anm. Dieses Wort
lautet schon von des Kero Zeiten an, wonan, im Nieders. wanen, im Engl. to won.
Es bedeutete ehedem nicht bloß wohnen in dem heutigen Verstande, sondern
verharren, bleiben, überhaupt. Ther wonat in der guati, der im Guten bleibet,
verharret, Ottfried, und im Kero ist duruhwonan, verharren, perseverare. So alt
nun dieses Wort auch ist, so lässet es sich doch leicht in seine ersten
Bestandtheile auflösen. Das n in der Mitte zeiget, daß es ein Intensivum ist,
so wie dehnen, sehen, gähnen u. s. f. Die Wurzel ist folglich entweder unser
wo, woen, sich an einem Orte befinden, oder auch das veraltete Verbum bauen,
welches gleichfalls für wohnen gebraucht wurde, im Kero puan, und im Dänischen
noch jetzt boe. Daß b und w gern in einander übergehen, ist bekannt genug.
S. auch 1. Bauen. [
1601-1602]