Wider
, [
1519-1520] eine Präpositionen, welche nur
allein mit dem Accusative gebraucht wird. Sie bezeichnet: 1. Eigentlich, die
Richtung einer Bewegung in gerader Linie gegen einen andern Körper, doch daß
damit ein Widerstand verbunden sey, derselbe mag nun von dem Subjecte oder von
dem Objecte, oder von beyden zugleich herrühren, welcher letztere Fall der
gewöhnlichste ist. Wider den Strom schwimmen. Mir dem Kopfe wider die Wand
laufen. Wider den Stachel lecken. Der Begriff der Widerstandes ist so wohl in
dieser, als der folgenden figürlichen Bedeutung, dem heutigen Gebrauche nach
nothwendig, und dadurch unterscheidet es sich von gegen, welches in viel
weiterer Bedeutung gebraucht wird, und die bloße Richtung bezeichnet. (
S. dieses Wort.) Ehedem gebrauchte man auch wohl wider
auf ähnliche Art. Wid er den Altar rufen, die Hand wider jemanden ausrecken,
für gegen, 1 Kön. 13, 2.4. Richte dein Angesicht wider Jerusalem, Ezech. 21, 2.
Und du, Bruder, fing ich wider Buchnern an, Opitz. Im gemeinen Leben ist auch
dieser Gebrauch noch nicht ganz veraltet, wohl aber in der anständigen
Schreibart. 2. Figürlich, einen Gegenstand des Widerstandes, der Beleidigung,
der Übertretung, der Abneigung zu bezeichnen. Des Widerstandes und
Widerspruches. Jemanden Schutz wider seine Feinde gewähren. Wider jemand
streiten.
Da wider ihn mehr Feinde sich gestellten, Als dir die Nachwelt
glauben darf, Raml.
Reine Thräne ruft wider ihn um Hülfe. Die Demuth ist im
Himmel und auf Erden angenehm, alles hingegen ist wider den Stolz. Sich wider
eine Sache erklären. Er ist sehr dawider. Wider sein, gewissen handeln, etwas
thun, was man als Unrecht erkennet. Wider Gewalt kann ich nicht. Sich wider
jemand setzen. Ein Schirm wider die Hitze. Ein Mittel wider das Fieber. Sich
wider die Kälte verwahren. Es geschahe wider meinen Willen. Wider alle meine
Erwartung. Der Übertretung. Wider seine Pflicht, wider das Gesetz handeln:
Wider Recht und Billigkeit. Wider alle Wahrheit. Wider die Gebühr. Wider besser
Wissen und Gewissen. Wider sein Versprechen. Anm. 1. Dieses alte Wort lautet
schon von den frühesten Zeiten an widhar, und ward ehedem auch häufig mit dem
Dative gebraucht, widar mir, Notker. Im Niederdeutschen wedder, im Ulphilas
vithra. im Schwed. veder. Von dem seit langen Zeiten eingeführten
orthographischen Unterschiede zwischen dieser Präpositionen wider und dem
Adverbio wieder, stehe das letztere. Anm. 2. Die Verba, mit welchem diese
Präpositionen zusammen gesetzt wird, sind in Ansehung der Form von gedoppelter
Art. In einigen wenigen ist die Präposition trennbar, indem sie in der
Conjugation hinter das Verbum tritt, da denn dieses im Participio das
gewöhnliche Augment bekommt. In diesen ruhet der Ton allemahl auf der
Präposition. In andern ist die Präposition untrennbar, daher der Ton auf dem
Verbo ruhet, und das Augment wegfällt. Von der ersten Art sind: widerbellen,
widerdruken, widerhalten, widerreden; von den letztern aber: widerfahren,
widerlegen, widerrathen, widerrufen, widersetzen, widersprechen, widerstehen,
widerstreben und widerstreiten. Folglich: ich belle wider, widergebellet; aber
ich widerspreche, widersprochen. Die letzte Klasse ist älter und von
allgemeinerm Gebrauche; die erste neuer und seltener. In den mit wider zukommen
gesetzten Nennwörtern ruhet der Ton gleichfalls auf der Präposition; außer wenn
das Wort vier oder mehrsylbig ist. Widerhalt, Widerspruch, Widerstand; aber
Widerrechtlichkeit, Widersetzlichkeit. [
1521-1522]