Wägen
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1335-1336] verb. reg. et irreg. act. im
letztern Falle, Imperf. wog, Particip. gewogen, Imperat. wäge. 1. Eigentlich,
das Gewicht, d. i. die Schwere eines Körpers, zu erforschen suchen, wie das
Activum wiegen. Auf der Wage wägen. Einen Ballen Waare wägen lassen. Gott, der
die Welten wägte, oder wog. Ich habe es gewägt oder gewogen. 2. In weiterer
Bedeutung, die Abweichung einer Fläche von der wahren horizontalen Linie mit
der Wasserwage zu bestimmen suchen. Einen Fluß wägen, dessen Fall zu messen
suchen. Einen Platz, einen Bezirk wägen oder abwägen. 3. Figürlich, die Güte
einer unkörperlichen Sache genau zu erforschen suchen. Seines Gegners Gründe
wägen. Welch ein zartes Gewissen, alle Worte zu wägen, und dann noch um Warnung
gegen die Bitterkeit zu bitten! Hermes. Anm. Im Niedersächsischen wägen, im
Angelsächs. waegan, im Schwedischen vaga. Wägen scheint eigentlich die
Niederdeutsche, wiegen aber die mehr Oberdeutsche Form zu seyn, nur daß wiegen
auch neutraliter, eine bestimmte Schwere haben, gebraucht wird, in welcher
Bedeutung wägen nicht üblich ist. Im Hochdeutschen werden wägen und wiegen in
der thätigen Form ohne Unterschied gebraucht, und im Imperfecto und Participio
auf einerley irreguläre Art conjugiret, ich wog, gewogen. Die reguläre Form des
Wägen, ich wägte, gewägt, kommt zwar auch zuweilen vor, ich aber bey weitem
noch nicht die herrschende. Könnten einzelne Schriftsteller an der Sprache
ändern, so würde ich den Vorschlag thun, wägen jederzeit regulär und als ein
Activum, wiegen aber in seiner irregulären Form nur als ein Neutrum zu
gebrauchen; in welchem Falle man die Analogie von tränken und trinken, senken
und sinken, ersäufen und ersaufen, setzen und sitzen, und andere mehr vor sich
haben würde. Man mag nun aber auch wägen im Imperfecto und Participio irregulär
beugen, so gehet es doch im Präsenti regulär, ich wäge, du wägst, er wägt u. s.
f. nicht wie manche Sprachlehrer, ich wäge, du wiegst, er wiegt. In der
Abstammung kommt es mit wiegen völlig überein, Siehe dasselbe.
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1335-1336]