Vorkommen
, [
1275-1276] verb. irreg. neutr. (
S. Kommen,) mit dem Hülfsworte seyn. 1. Von vor, eher;
einem vorkommen, eher kommen, als er. Ahimaatz kam Cust vor, 2 Sam. 10, 23. Wir
werden denn nicht vorkommen, die da schlafen, 1 Thess. 4, 15. Ingleichen
figürlich, wie vorbeugen. Einem Übel, einer Krankheit vorkommen. Der kann viel
Böses (vielem Bösen) vorkommen, Sir, 30, 30. In dieser ganzen Bedeutung sagt
man jetzt lieber zuvor kommen, vermuthlich die Verwechselung mit den folgenden
Bedeutungen zu vermeiden. 2. Von vor, so fern es so wohl den fordern Theil
eines Dinges, als auch die Gegenwart bedeutet. (1) Vor jemanden kommen,
absolute und mit Verschweigung der Person. Ich suchte Gehör, konnte aber nicht
vorkommen. Wir sind gestern vorkommen, vorgelassen worden. Die Sache ist noch
nicht vorgekommen, noch nicht vorgenommen worden. (2) Vor jemanden kommen, d.
i. bey ihm angebracht werden. Mir ist von euch vorkommen (vorgekommen), daß
Zank unter euch sey, 1 Cor. 1, 11. Eine auch nur noch im gemeinen Leben übliche
Bedeutung. (3) Figürlich bedeutet vorkommen oft so viel, las unvermuthet
gegenwärtig werden, sich ereignen, zutragen, oft auch nur empfunden werden,
begegnet; wie das ähnliche vorfallen. Jeder schlug, was ihm vorkam, 1 Kön. 20,
20; was ihm begegnete, ihm vor die Hände kam. Er ist alles, was ihm vorkommt.
Das Wort kommt nicht oft vor, wird nicht oft gehöret, gebraucht. Der Fall ist
mir noch nicht vorgekommen, ich habe ihn noch nicht erfahren. Wenn ihr etwa
unterdessen eine gute Gelegenheit zu heirathen vorkäme, Less. Tatisend kleine
Umstände, die immer von neuen vorkommen. Vorkommen bedeutet, daß ich die Sache
uns gleichsam von selbst darstelle, hat aber doch den Nebenbegriff des
Plötzlichen, nicht so, wie vorfallen. (4) Scheinen, mit der dritten Endung der
Person. Es kam mir vor, als sähe ich ihn, als hätte ich es gehöret, es schien
mir so. Das kommt mir wunderlich vor. Ich weiß gar nicht, wie sie mir heute
vorkommen, Gell. Er kommt mir sehr bekannt vor. Du kommst mir ganz munter vor,
Gell. Ich weiß nicht, daß (warum) ich heute allen so verdächtig vorkomme, eben
ders. (5) Hervor kommen, nur im gemeinen Leben. Komm vor, besser hervor. Er
wollte nicht vorkommen. Anm. In der ersten Bedeutung für zuvor kommen, bey dem
Kero furichuueman, im Oberdeutschen in allen Bedeutungen fürkommen. Im
Niederdeutschen bedeutet dieses Wort noch: 1. empor kommen, in mehr Ansehen,
bessere Glücksumstände kommen. 2. Etwas bestreiten, demselben gewachsen seyn.
Wir können es nicht alles vorkommen, ausessen, ingleichen bestreiten; in
welchem Falle man in Obersachsen in den niedrigen Sprecharten verkommen
braucht. [
1275-1276]