Vorgreifen
, [
1267-1268] verb. irreg. neutr. (
S. Greifen,) welches das Hülfswort haben erfordert, und
nur in einigen figürlichen Bedeutungen gebraucht wird. 1. Einem vorgreifen,
etwas eigenmächtig thun, was dem andern zu thun gebührete. Jemanden in seinem
Amte vorgreifen, etwas eigenmächtig thun, was doch zu dem Amte des andern
gehöret. Man greift Gott in seinem Urtheile vor, wenn man über Dinge urtheilet,
die nur Gott beurtheilen kann und darf. Daher das in den Kanzelleyen so häufige
unvorgreiflich. 2. In der Jägerey wird dieses Wort in mehr als einer Bedeutung
gebraucht. (a) Der Hirsch hat vorgegriffen, wenn er sich übereilet hat. (b) Ein
Gehölz vorläufig durchsuchen, es geschehe nun mit dem Leithunde, oder ohne
denselben. Den Leithund vorgreifen lassen. (c) Wenn der Leithund die Fährte
verloren hat, und man läßt ihn selbige wieder suchen und finden, so heißt
solches gleichfalls den Leithund vorgreifen lassen. In den beyden letztern
Fällen ist dafür auch vorschlagen üblich. Daher die Vorgreifung in der ersten,
und das Vorgreifen in der letztern Bedeutung. Der Vorgriff wird von einigen
gleichfalls in der ersten Bedeutung gebraucht, ob es gleich im Hochdeutschen
nur selten gehöret wird.