Verstoßen
, [
1153-1154] verb. irreg. (
S. Stoßen,) welches in doppelter Gattung üblich ist. I.
Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte haben. 1. Fehl stoßen, doch nur im
figürlichen Verstande, einen Fehler, ein Versehen begehen, wo man im ähnlichen
Verstande auch wohl anstoßen sagt. Wider oder gegen die gute Lebensart, gegen
die Regeln verstoßen. In einer Sache verstoßen. Ich habe gegen meine eigene
Regeln verstoßen, Gottsch. Darin ich selbst verstoßen hatte, eben ders. Er hat
häufig dagegen verstoßen, Less. Wo es auch wohl als ein Reciprocum gebraucht
wird. Sich in etwas, in der Rechnung verstoßen. 2. Aufhören zu stoßen, bis zur
Erschöpfung stoßen; wo man es nur von gährenden flüßigen Körpern gebraucht. Das
Bier hat verstoßen, hat vergohren. Den Essig verstoßen lassen.
S. Stoßen. II. Als ein Activum. 1. Aus seiner Lage
stoßen, wo man doch nur im gemeinen Leben sagt, ein Pferd habe eine Ader
verstoßen, wenn es sie durch einen Fehltritt verrückt hat. 2. In die Ferne von
sich wegstoßen, doch nur in einigen Fällen. a. Aus Noth verkaufen, wird häufig
verstoßen genannt. Sein Hausgeräth, seine Kleider, Wäsche, Bücher verstoßen. b.
Figürlich verstößet man eine Person, wenn man ihr den bisherigen Schutz, die
bisherige Liebe, und Versorgung auf eine gewaltsame Art entziehet, besonders
wenn diese Entziehung mit einer Unterbrechung aller persönlichen Gemeinschaft
verbunden ist. Ein Kind, seine Ehegattinn, einen Liebhaber verstoßen. Man
verstößt einen Armen, wenn man ihm seinen Schutz, seinen Unterhalt entziehet.
Ein Liebhaber, den du verstießest, Dusch. Zuweilen auch mit Bezeichnung des
Ortes. Zur Hölle hat Gott die Engel, die gesündiget haben, verstoßen, 2 Petr.
2, 4. In ein dürres Land verstoßen, Joel 2, 10. Aber für die R. A. jemanden aus
dem Rathe, aus oder von einem Amte verstoßen, gebraucht man lieber das
einfachere stoßen. Daher die Verstoßung, welches Hauptwort doch in der letzten
thätigen Bedeutung am üblichsten ist. In eben dieser Bedeutung kommt ferstozzen
schon bey dem Ottfried und Notker vor.