Verbiethen
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1183-1184] verb. irreg. act. (
S. Biethen.) 1. * Ankündigen, ingleichen vor seinen
Obern fordern, laden, citiren; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung,
welche noch in einigen Provinzen vorkommt. Schon bey dem Ulphilas ist
faurbiudan, be- fehlen. Einen neuen Bau verbiethen, ankündigen, in der Jülich.
Polizey-Ordnung. Im Nieders. ist daher verbaden, laden, citiren, und im
Sachsenspiegel unverbothen, nicht citiret. Es ist in diesem Verstande noch bey
einigen Handwerkern üblich, z. B. bey den Maurern, wo der Junggeselle die
andern verbiethen muß, d. i. das Nöthige im Nahmen der Obern bey ihnen
anbringen. Wenn es hier nicht aus verbiethen verdeckt worden, so hat ver hier
eine bloß intensive Bedeutung, indem biethen und gebiethen in eben demselben
Verstande vorkommen. 2. Im gewöhnlichsten Verstande ist verbiethen, befehlen,
daß etwas nicht geschehe, untersagen, im Gegensatze des gebiethen und befehlen
im engern Verstande; wo es so wohl mit der vierten Endung der Sache und der
dritten Person, als mit dem Infinitiv und dem Wörtchen zu, verbunden wird. Das
Spielen, das Tanzen, das Fluchen verbiethen. Einem etwas verbiethen, es ihm bey
schwerer Strafe verbiethen. Das verbiethet sich wohl von selbst. Alles, was
Gott verbothen hat, was im Gesetz verbothen ist. Verbiethen zu spielen, zu
tanzen, zu sündigen. Es war mir dieses zu thun verbothen. Ingleichen in den
elliptischen R. A. Jemanden den Hof, das Haus, die Stadt verbiethen, ihm
verbiethen, das Haus, die Stadt, den Hof zu betreten. Jemanden den Wein
verbiethen, den Gebraucht des Weines. Sollte ich ihm deßwegen meine Gegenwart
verbiethen? Da in diesem Zeitworte schon eine Verneinung liegt, so darf
dieselbe in dem Nachsatze ordentlich nicht wiederhohlet werden, daher
diejenigen Wörter, welche dergleichen enthalten, wie nicht, nichts, kein,
niemand, hier eigentlich fehlerhaft sind. Ich verbiethe dir, es nicht zu thun,
besser, ich befehle dir, es nicht zu thun, oder, ich verbiethe dir, es zu thun.
Es ist verbothen, niemanden etwas davon zu sagen, besser, jemanden. Ich
verbiethe dir, keinem etwas davon zu sagen, oder, daß du keinem etwas davon
sagest, besser, jemanden etwas davon zu sagen. Christus verboth seinen Jüngern,
daß sie niemanden sagen sollten u. s. f. Joh. 6, 15. Marc. 9, 9. Kap. 5, 43.
und in andern Stellen mehr. Daher sich denn auch das Bindewort daß nur selten
ohne Mißlaut mit diesem Zeitworte verbinden lässet, indem es in den meisten
Fällen eine Verneinung nach sich haben müßte. Aber auch, wo diese fehlt, wird
in den meisten Fällen der Infinitiv mit dem Wörtchen zu schicklicher seyn. Es
scheinet, daß diese Construction mit verneinenden Wörtern noch ein Überbleibsel
der alten ersten Bedeutung des Befehlens ist. Daher das Verbiethen.
S. auch Verboth. Anm. Schon bey dem Ottfried firbitan,
in den folgenden Jahrhunderten verbiuten, im Nieders. verbeden, verbeen, im
Schwed. förbjuda, im Angels. forbeodan, im Engl. forbid, (
S. Ver 1 (d).) Von der Oberdeutschen Conjugation du
verbeuthst, er verbeuth, (
S. Biethen.) Ehedem war auch verheften dafür üblich,
welches mit dem Lat. prohibere sehr nahe verwandt ist.
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1183-1184]