Tüchtig
, [
715-716] -er, -ste, adj. et adv. 1. Die
zu einer Absicht erforderliche Stärke und körperliche Festigkeit habend, eine
in der gewöhnlichen Sprache des täglichen Umganges noch völlig gangbare
Bedeutung. Ein tüchtiger Baum, der die verlangte Größe und Stärke hat. Ein
tüchtiger Mensch, der die zu einer Absicht erforderliche Größe und Stärke hat.
Ein tüchtiger Messer, ein großes und starkes. Daher es denn im gemeinen Leben
noch häufig für groß und stark überhaupt gebraucht wird. Ein tüchtiger Mensch,
von vorzüglicher Größe und Stärke. Ein tüchtiges Stück Brot, ein großes und
dickes. Nach einer noch weitern Figur wird das Adverbium im gemeinen Leben
häufig für sehr gebraucht, eine Intension zu bezeichnen. Jemanden tüchtig
durchprügeln. Tüchtig arbeiten, essen, trinken könne, brav, sehr, viel. 2. In
weiterer Bedeutung, auch andere erforderlichen Eigenschaften zu einer Sache im
vorzüglichen Grade habend, so daß tüchtig einen höhern Grad bezeichnet, als
tauglich, von welchem es ein Intensivum ist. Gott gibt ihr zu Zeiten einen
tüchtigen Regenten, Sir. 10, 4. einen geschickten. Tüchtige Mittel zu etwas
anwenden, taugliche. Nichts tüchtiges (taugliches, zur Sache dienliches,)
vorbringen. Es ist in dieser Bedeutung als ein Beywort nur noch im gemeinen
Leben üblich; von Personen gebraucht man lieber geschickt, vermuthlich, um die
Zweydeutigkeit mit der ersten Bedeutung der körperlichen Stärke zu vermeiden.
Als ein Nebenwort wird es auch hier häufig ohne Anstoß gebraucht. Tüchtig zu
etwas seyn, im Gegensatze des untüchtig, von allen zu einer Sache
erforderlichen Eigenschaften. Nicht, daß wir tüchtig sind, Rath zu finden, 2
Cor. 3, 5. Gott hat uns tüchtig gemacht, u. s. f. V. 6. Anm. Schon bey dem
Ottfried dohti, der es aber auch für gut gebraucht, im Nieders. dugtig, im
Engl. dougthy, im Schwed. dugtig. Es ist vermittelst der Ableitungssylbe -ig
von dem alten Tuch gebildet, welches eigentlich körperliche Stärke, und hernach
auch Tugend, dienliche Beschaffenheit, bedeutete. Dieses Tuch ist ein
Intensivum so wohl von digen, dihen, deihen, (
S. Gedeihen,) körperliche Größe erlangen, wovon auch
dicht abstammet, als auch von taugen, die nöthige Größe und Stärke zu etwas
haben; und daher kommt es, daß tüchtig im eigentlichen Verstande noch den
Begriff der körperlichen Größe und Stärke hat, im zweyten aber auch mehr saget,
als tauglich. Einfachere Formen dieses Wortes sind die Nieders. degen, tüchtig,
und deger, sehr.
S. auch Tugend.