Tönen
, [
625-626] verb. reg. 1. Als ein Neutrum,
mit dem Hülfsworte haben, einen Ton von sich geben, in der ersten eigentlichen
Bedeutung des Hauptwortes. Ein tönend Erz, 1 Cor, 13, 1. Deine Empfindung töne
deinem Geschlechte einartig, Herd. Da für die verschiedenen Arten der Töne
eigene Zeitwörter üblich sind, selbige näher zu bestimmen, so wird dieses Wort
in dem gemeinen Sprachgebrauche seltener gebraucht, als in der höhern
Schreibart, wo man es häufig für die eigentlichern Zeitwörter findet. Unser
Gesang tönet dann weiter umher, Geßn. für schallet. Munterkeit und Freude tönt
jetzt durch Thal, eben ders.
Tönt in meinen Lobgesang, Wellen, Felsen und Gestade, Raml.
Das Tönen der Morgenglocke. Der biblische Gebrauch für
jauchzen, blasen u. s. f. ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Das Volk tönete
laut, daß man das Geschrey ferne hörete, Esra 3, 11, 13. Da riefen die Kinder
Aaron laut, und bliesen mit Trommeten und töneten laut, Sir. 50, 18. Ich will
sie wie eine Herde mit einander in einem festen Stall thun, daß es von Menschen
tönen soll, Mich, 2, 12. 2. Als ein Activum, mit dem Tönen oder vermittelst der
Töne zu erkennen geben; doch nur in der höhern Schreibart. Alle Thiere bis auf
den stummen Fisch tönen ihre Empfindung, Herd. Wer kann Gestalten reden? Wer
kann Farben tönen? Herd.
Töne sanfte Leyer, Töne Lust und Wein, Less.
So auch das Tönen. Anm. In dem alten Gedichte auf den heil.
Anno diunan, bey den Schwäbisch. Dichtern, welche es auch für singen,
gebrauchen, dönen, im Nieders. dönen. Es ist eine unmittelbare Nachahmung des
tönenden Lautes, welcher sich durch keine andere Worte beschreiben läßt. Das
Lat. Tonus und Sonus, sonare, sind auf das genaueste damit verwandt. In andern
Sprachen bezeichnet es auch stärkere und zum Theil widerwärtige Arten des
Schalles, wie das Schwed. dona, rauschen, brausen, Griech. hier
nichtlateinischer Text, siehe Image, und das Lat. Tonare, donnern, so
wie unser donnern ein iteratives Intensivum davon ist. Auch das Lat. tinnire,
bedeutet eine gewisse Art des Tönens. Der Analogie nach sollte dieses Wort Thon
und thönen geschrieben werden, zumahl da es bey den Oberdeutschen
Schriftstellern des mittlern Zeitalters beständig dönen lautet. Allein, theils
um es von Thon, Argilla, zu unterscheiden, theils aber auch in der irrigen
Voraussetzung, daß es von dem Lat. Tonus abstamme, ist in den neuern Zeiten die
Schreibart ohne h allgemein geworden. Der erste Grund ist unbedeutend, wie
schon bey mehrern Gelegenheiten gezeiget worden, und der zweyte unrichtig. Das
Tönen ist eine so auffallende Art des Lautes, daß jede Sprache denselben
nachahmen muß, und nicht erst zu einer fremden ihre Zuflucht nehmen darf, daher
wird man dieses Wort in einer oder der andern Gestalt auch in allen Sprachen
der Welt finden. Ehedem gebrauchte man dönen auch für donnern, tonare, wofür
wir jetzt das schon gedachte abgeleitete donnern haben.
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625-626]