Tilgen
, [
603-604] verb. reg. act. 1) Eigentlich,
vernichten, des Daseyns berauben, verwüsten, zerstören; eine im Hochdeutschen
größten Theils veraltete Bedeutung, in welcher vertilgen noch in einigen Fällen
üblich ist. (
S. auch Austilgen.) Eine Feuersbrunst tilgen. Das
Ungeziefer ist nicht zu tilgen. Das Unkraut will sich nicht tilgen lassen.
Damit er in tilgt von der weldt, Theuerd. Kap. 79.
2) Im figürlichen Verstande, der Zurechnung und den Folgen
nach aufheben. Tilge meine Sünde, Ps. 51, 3. ich tilge deine Übertretung, Es.
43, 25. Die Almosen tilgen die Sünde, Tob. 12, 9. Auch in dieser Bedeutung
kommt es außer der biblischen Schreibart im Hochdeutschen nicht mehr vor, wo
man es nur noch theils von der Auslöschung einer bezahlten Schuld in dem
Schuldbuche, theils auch von Bezahlung der Schuld selbst gebraucht. Eine Schuld
tilgen, so wohl sie in dem Buche auslöschen, als auch sie bezahlen. Ehedem
gebrauchte man es auch in anderen Fällen für auslöschen, ausstreichen. Aus dem
Buche der Lebendigen tilgen, 2 Mos. 32, 32. Ps. 69, 29. So auch die Tilgung.
Anm. bey dem Notker tiligon, im Nieders. delgen, welches auch verthun,
verschwenden, prassen bedeutet im Angels. dilgian, im Dän. dolge. Die letzte
Sylbe -gen zeiget schon, daß dieses Wort ein Iterativum oder Intensivum ist,
dessen Stammwort dilon, dilan, für tilgen, noch im Isidor und bey dem Ottfried
vorkommt, und auf eine merkwürdige Art mit dem Lat. delere überein stimmet. Es
kann seyn, daß dieses Wort mit theilen, Nieders. delen, bey dem Ulphilas
dailjan verwandt ist, aber es kann auch eine eigene Onomatopöie einer Art des
Vernichtens und Zerstörens seyn. Im mittlern Lat. ist Tala, Verwüstung, und
Talator, ein Verwüster, im Nieders. Delger, ein Verwüster, Verschwender.