Der Tiegel
, [
601-602] des -s, plur. ut nom. sing.
Diminut. das Tiegelchen, Oberd. Tiegellein. 1. Der Nahme eines Gefäßes, wo es
doch nur in einigen einzelnen Fällen vorkommt. (1) Das flache Gefäß einer Lampe
heißt im Oberdeutschen der Lampentiegel daher eine Lampe eben daselbst noch hin
und wieder ein Tiegel genannt wird, wovon Frisch und ein Paar Beyspiele aus dem
Kaisersberg anführet. (2) Der Schmelztiegel oder Gießtiegel, in der Metallurgie
und Chymie, ist ein irdenes Gefäß in Gestalt eines runden und unten ein wenig
zugespitzten Bechers, Metalle und andere Mineralien darin zu schmelzen. Oben
ist er oft drey- oder viereckig. (3) In den Küchen und der Haushaltung ist der
Tiegel ein flach rundes gemeiniglich irdenes Gefäß mit drey Beinen, Fett darin
zu zerlassen, Speisen darin aufzuwärmen u. s. f. der Kochtiegel. Einen
ähnlichen Leimtiegel von Eisen oder Kupfer haben die Buchbinder und
Holzarbeiter. Im Oberdeutschen wird ein solcher Tiegel ein Rain genannt,
hingegen führet (4) daselbst ein jeder irdener Napf den Nahmen eines Tiegels.
2. An den Buchdruckerpressen ist der Tiegel eine schwere messingene oder
eiserne Platte, welche vermittelst der Presse auf den Bogen gedruckt wird, und
den Abdruck der Leitern auf demselben eigentlich verrichtet. Anm. In der ersten
Bedeutung bey dem Notker Tegel, im Nieders. Degel, im Schwed. Digel, im Isländ.
Deigul, im Pohln. Tygiel, im Ital. mit einem andern Endlaute Tegame, Tegamino.
Da Tigel, im Angels. ein Ziegel, Tegula, heißt, so glaubt Ihre, daß ein solches
hohles Gefäß von diesem Lateinischen Worte, aus eben der Ursache Tiegel genannt
worden, aus welcher andere ähnliche Gefäße Scherben und Teste genannt werden.
Indessen scheinet es ein altes Deutsches Wort zu seyn, welches zu Teich und
dessen Verwandten gehöret, ein Gefäß, einen hohlen Raum zu bezeichnen. Die
Ableitungssylbe -el bedeutete so wohl ein Werkzeug, als auch ein Ding oder
Subject. In der zweyten Bedeutung, wo der Tiegel der Buchdrucker nichts
ähnliches mit einem Gefäße hat, sondern eine ebene Platte ist, ist es wohl
unstreitig aus dem Latein. Tigillum, ein Balke, entlehnet; es müßte denn seyn,
daß diese Platte von dem in der Mitte befindlichen stählernen Pfännchen, worin
sich der Zapfen befindet, den Nahmen bekommen hätte, welches doch eben nicht
sehr wahrscheinlich ist. Die Buchdruckerkunst hat mehrere Kunstwörter aus dem
Lateinischen angenommen, und es ist glaublich, daß dieser Tiegel in der
Kindheit der Kunst ein wahrer Balken gewesen ist.
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603-604]