Der Stoß
, [
409-410] des -es, plur. die Stöße,
Diminut. welches doch nur in einigen Bedeutungen üblich ist, das Stößchen,
Oberd. Stößlein, von dem Zeitworte stoßen. 1. Eigentlich die Handlung des
Stoßens, eine schnelle und heftige Bewegung eines Körpers auf einen andern.
Jemanden einen Stoß mit dem Fuße, mit dem Ellbogen geben. Der geringste Stoß
wird es fallen machen. Der Stoß des Windes, der Windstoß. Stöße bekommen, im
gemeinen Leben auch für Schläge. Ehedem wurde Stöße, auch für Krieg, Streit,
gebraucht. Oft ist Stoß so viel als ein Stich mit einem Seitengewehre. Sich auf
den Stoß schlagen. Auf den Hieb und auf den Stoß. Jemanden einen Stoß
beibringen. Einen Stoß ausparieren. Der Stoß ging durch das Herz. An einigen
Orten wird auch der Eisgang, d. i. wenn das Eis auf den Flüssen aufgehet, und
mit Heftigkeit an die Gegenstände stößt, der Stoß genannt. Der Stoß geht, der
Stoß geht auf, der Eisstoß. Bey den Jägern ist der Stoß, ein kurzer Absatz mit
dem Hifthorne. Figürliche Arten des Ausdruckes sind. Seinem Herzen einen Stoß
geben, etwas wider seine Neigung thun, sich Zwang, Gewalt anthun. Das wird
seiner Gesundheit, seiner Ehre, seinem guten Nahmen, seinem Wohlstande einen
Stoße geben, einen merklichen Nachtheil bringen. 2. Figürlich, dasjenige, woran
stößt, oder woran etwas stößt, wo es doch nur in einigen Fällen als ein
Kunstwort üblich ist. (1) In mehr eigentlichem Verstande. Der hintere Theil der
Nabe, wo sie an die Achse stößet, heißt der Stoß. In einem andern Verstande
sind die Stöße eiserne Nägel am Wagen mit breiten langen Haken, welche auf
jeder Seite des Ringstockes eingeschlagen werden, da wo der Stoßring des Rades
an den Tragering stößt. Bey den Zimmerleuten ist es der Ort, wo eine Schwelle
an die andere gesetzt wird. In der Jägerey ist der Stoß oder das Stoßnetz, ein
Netz, in dessen Mitte eine lebendige Taube angepflöcket ist, Stoßvögel, wenn
sie auf die Taube stoßen, damit zu fangen; bey den Falkenierern wird es die
Rinne oder das Rinngarn genannt. In einigen Oberdeutschen Gegenden wird Stoß
auch von der Gränze gebraucht. Der Boden eines Mörsers heißt gleichfalls der
Stoß, entweder so fern er dem Stoße des Pulvers am meisten ausgesetzt ist, oder
auch in der folgenden vierten Bedeutung des Endes eines Raumes. (
S. auch Anstoß.) Nach noch weitern Figuren, ist der Stoß
zuweilen, (2) ein hervor ragendes Ding. So wird der Hintere an dem Federviehe
und Geflügel im Oberdeutschen der Stoß genannt, wofür im Hochdeutschen der
Steiß und im Niederdeutschen Stüt üblich ist. Der Kälberstoß, ist in
Oberdeutschland eine Kalbskeule, der Stoß von einem Schöps, der Schöpsenstoß,
eine Schöpskeule. (3) Ein senkrechter Haufe mehrerer Dinge. Ze Stozz und ze
Hauff, bey dem Hornegk. Ein Stoß Holz, ein Haufe senkrecht auf einander
geschlichteten Holzes. So auch ein Stoß Papier, ein Stoß Bücher. Ein Stößlein
Thaler, ein Haufe auf einander gesetzter Thaler. Daher denn im Oberdeutschen
auch stotzig, stotzachtig für jähe, steil, gebraucht wird. Ohne Zischlaut ist
im Schwed. Dös, gleichfalls ein Haufe, im Wallisischen Das, im Isländ. Dys, im
Franz. Tas, wohin auch das Griech. hier nichtlateinischer Text, siehe
Image, setzen, ordnen, gehöret. (4) In ähnlichem Verstande wird es in
der Schweiz auch von einer Menge, von einer bestimmten Zahl gebraucht. Ein Stoß
Vieh, ist im Canton Glarus, so viel Vieh, als der Werth von 30 Gulden beträgt;
daher werden daselbst 2 Rinder (nicht 200, wie es im Frisch heißt,) auf Einen
Stoß gerechnet, dagegen 7 Schafe gleichfalls für Einen, eine Kuh auch für Einen
Stoß, ein gestanden Pferd aber für vier Stöße gerechnet wird. Ein Alp kann oft
800 Stöße Vieh sommern, den Sommer über ernähren, Tschudi. Vielleicht bedeutet
Stoß hier eigentlich den Stoß oder Haufen Gulden von 30 Stück, nach welchem
hier der Werth des Viehes bestimmt wird. (5) Das Ende eines Raumes, gleichfalls
nur in einigen Fällen. So wird im Bergbaue das Ende eines Stollens oder einer
Grube der Stoß genannt, welchen Nahmen daselbst auch der Ort bekommt, wo sich
die Straßen enden oder wenden. Eben daselbst heißen auch die beyden kürzern
Seiten eines Schachtes, die Stöße. Ein Streifen Zeuges, womit der Saum der
Weiberröcke auf der unrechten Seite besetzet und verstärket wird, heißt
gleichfalls der Stoß, entweder auch in dieser Bedeutung des Endes, oder auch,
weil er hindert, daß sich der Saum nicht so bald abstoße. In den Monseeischen
Glossen ist Stozza, der Grund. Anm. Im Nieders. Stoot, im Engl. ohne Zischlaut
zu Anfange Toss.
S. Stoßen. [
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