Stolz
, [
401-402] -er, -este, adj. et adv. ein
Wort, welches ursprünglich den Begriff der Höhe, der Größe, oder Hervorragung
über andere hat, aber nur in einigen figürlichen Bedeutungen üblich ist. 1.
Andere Dinge seiner Art in äußerem Ansehen übertreffend, und in weiterm
Verstande in seiner Art vortrefflich, prächtig, schön; eine noch im gemeinen
Leben vieler Gegenden übliche Bedeutung. Er war der stolzeste schönste Mann,
den man von Leib und Gesund finden konnte, Königshov. bey dem Frisch; wo es von
dem persönlichen guten Ansehen mit Inbegriff vorzüglicher Leibesgröße gebraucht
wird. Bey den Jägern ist der Hirsch stolz, wenn er völlig verendet hat, weil er
alsdann das höchste und beste Ansehen hat. Ein stolzes Haus, ein stolzes
Mädchen, stolze Kleider, noch in vielen Gegenden für prächtig. Im
Niedersächsischen sagt man, einen stolzen Thaler Geld bey etwas verdienen, für
einen schönen. Nieders. stolt, Schwed. stolt. Ihre leitet es in dieser
Bedeutung von dem alten Gothischen Stilt, ein Fest her, daß es eigentlich
festlich oder feyerlich bedeuten müßte. Allein es scheinet dem Begriffe der
Hervorragung, des Übertreffens an verhältnißmäßiger Größe, der Vorzug zu
gebühren. Im Wallachischen ist Stolida, Zierde, Putz. 2. * Kühn, dreist,
entweder so fern die Kühnheit in Erhebung über andere bestehet, oder auch so
fern sie aus dem Bewußtseyn eigener Größe und Vorzüge entspringet; Holländ.
stout. Im Hochdeutschen ist auch diese Bedeutung ungangbar; in einigen Gegenden
aber sagt man sich verstolzen, für sich erkühnen. 3. In weiterer Bedeutung ist
stolz seiner Vorzüge bewußt, und dieses Bewußtseyn durch sein Äußeres
verrathend, wo es so wohl in gutem als nachtheiligem Verstande gebraucht wird.
(1) Im guten oder wenigstens gleichgültigen Verstande, sich wahrer Vorzüge
bewußt, und diesem Bewußtseyn gemäß handelnd. Stolz auf etwas seyn, sich
desselben als eines Vorzuges bewußt seyn. Ich bin stolz auf ihn. Glückliche
Zeiten, da Tugend und Unschuld meine Gespielinnen waren, da ich noch auf mein
Herz stolz seyn konnte!
Schön edel, mild, zu stolz, durch Künste zu gefallen, Und doch
von Hochmuth fern, gefällt der Jüngling allen, Weiße.
(2) Im nachtheiligen Verstande ist man stolz, entweder, wenn
die Vorzüge, deren man sich bewußt zu seyn scheinet nicht wirklich vor- handen
sind, oder wenn man durch seine Handlungen ein höheres Gefühl seiner Vorzüge
verräth, als sie verdienen, ingleichen in dieser Denkungsart gegründet; im
Gegensatze des bescheiden. Stolz seyn, werden machen. Ein stolzer Mann. Eine
stolze Antwort. Stolze Geberden, stolze Mienen, stolze Augen. Stolz von
Geberden, Gell. Reichthum und Schönheit machen stolz. Auf diese Versicherung
kann ich eben nicht stolz werden, Gell. Lucie, mein männliches Herz zerbricht
deine stolzen Fesseln. Noch werde der Krieger stolzeste sagen, Klopst. Zuweilen
in engerer Bedeutung auch für übermüthig.
Die stolze Fluth (hat uns) verschwemmet ganz und gar, Opitz;
in welcher Bedeutung es in der Deutschen Bibel mehrmahls
vorkommt. Anm. Im Nieders. stalt, im Schwed. gleichfalls stolt, im Engl. und
Holländ. stout. Es ist wohl mehr als wahrscheinlich, daß der Begriff der
entweder wahren oder angenommenen vorzüglichen Größe der Stammbegriff ist,
daher dieses Wort als ein Verwandter von Stelze und steil angesehen werden muß.
Ein Stolzer sucht oft auch seine körperliche Höhe größer zu machen, als sie
ist. Ein stolzer Mensch heißt im Nieders. auch ein Steilohr. Ohne Zischlaut
gehöret auch das Latein. tollere hierher. Dieses Wort verändert in der
Composition seinen Selbstlaut nicht, daher es irrig ist, wenn es beym Hagedorn
heißt: tausend mögen stölzer wählen. Wenn in Preußen die Butter, wenn sie im
Winter steif und ungeschmeidig ist, stolz heißt, so scheinet es keine Figur der
vorigen Bedeutungen, sondern alsdann ein Verwandter von Stollen zu seyn, so
fern es auch den Begriff der Festigkeit hat. [
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