Sehr
, [
27-28] ein Nebenwort, welches nur
noch in seiner figürlichen Bedeutung üblich ist, da es als eine Intension
gebraucht wird, den innern Grad der Stärke des Redetheiles, mit welchem es
verbunden wird, zu erhören. Es kann in diesem Verstande so wohl andern
Nebenwörtern, als auch Beywörtern und Zeitwörtern zugesellet werden. Sehr groß,
sehr klein, sehr viel, sehr wenig, sehr gut, sehr böse. Das kann sehr wohl
geschehen. Ein sehr reicher, ein sehr armer Mann. Ein sehr kleines Haus. Dein
sehr großer Lohn. Der Schein ist sehr wider dich. Du hast sehr recht. Er
verlässet sich sehr darauf. Wüßtest du, wie sehr ich dich liebe. Das richtet
mich sehr auf. Eile nicht so sehr. Ich liebe ihn so sehr, als mich selbst. Du
widersetzest dich hier allzusehr. Wie sehr du dich auch widersetzest, so wirst
du doch unterliegen müssen. Sie mögen mich nun noch so sehr hassen, so werde
ich mich doch nie beklagen, Gell. Sie gefallen ihm mehr als zu sehr.
Sey noch so sehr ein Held, wird dich das Glück verlassen, Sie
werden dein Verdienst, wie seinen Unfall hassen, Weiße;
d. i. wenn du gleich der größte Held bist. Anm. In dieser
Bedeutung lautet es schon im Schwabenspiegel ser, Schwed. sara. Da der Begriff
der Intension auch in andern Fällen eine Figur theils der Maße, der Last,
theils der Geschwindigkeit ist, so gilt selbiges auch in diesem Falle. Die
ältesten Oberdeutschen Schriftsteller, wie der Übersetzer Isidors, Kero u. s.
f. gebrauchen saar, die Angelsachsen sar, für gleich, den Augenblick, schnell.
Daß es mit schwer verwandt ist, erhellet auch aus andern Sprachen, z. B. der
Schwed. wo svar, schwer, und svara, sehr ist. Auf ähnliche Art sind das
Lateinische valde, sehr, validus, stark, und unser bald, und das alte Niederd.
swieth, sehr, Angels. swithe, und unser geschwinde verwandt. Der Begriff des
Schmerzens gehöret gleichfalls in dieses Geschlecht, daher das alte
Oberdeutsche Seer, Nieders. Sehr, Schmerz. sere, schmerzlich, Nieders. sehr,
das Hebr. hier nichtlateinischer Text, siehe Image, ängsten u. s.
f. Siehe auch Versehren. In einigen gemeinen Mundarten wird dieses Nebenwort,
wenn es mit Zeitwörtern verbunden ist, compariret, sehrer, am sehrsten. Die
Hochdeutsche kennet diese Staffeln nicht, sondern gebraucht dafür in manchen
Fällen stärker, am stärksten, in manchen aber mehr, am meisten.