Der Wind
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1805-1806] Die unter dieser Rubrik
angeführten Redensarten: einem den Wind abschneiden; an den Wind steuern; bey
dem Winde liegen; an den Wind kommen; unter dem Winde eines Schiffes seyn;
einem vor dem Winde seyn, sind theils an und für sich unrichtig, theils sind
sie im Gr. Kr. W. B. unrichtig, oder unvollkommen erklärt. Man sagt nicht,
einem den Wind abschneiden, sondern abgewinnen, abstechen, abkneifen. Der
Vortheil bey diesem Manöver besteht auch nicht bloß darin, daß man dem Feinde
den Pulverdampf zujagt, sondern der Hauptvortheil ist, daß die feindlichen
Schiffe unter dem Winde eine größere Flächenseite darbiethen, daß sie
gefährlichern Grundschüssen ausgesetzt sind, und daß sie weit mehr Mühe haben,
ihre Kanonen zu Bort zu bringen. An den Wind steuern heißt nicht, das
Vordertheil des Schiffs gegen den Wind, sondern nur näher an den Wind bringen,
so daß der Lauf des Schiffs mit dem Windstriche einen schärfern Winkel macht.
Bey dem Winde liegen heißt nicht, die Segel so stellen, daß sie keinen Wind
fassen, sondern mit dem Schiffe so liegen, daß der Strich, den man steuert, mit
dem Windstriche einen mehr oder weniger scharfen Winkel macht. Ein Schiff liegt
gut bey dem Winde, wenn es unter diesen Umständen wenig oder gar nicht leewärts
abfällt. An den Wind kommen ist kein Seemanns-Ausdruck, und was Herr Adelung
eigentlich darunter will verstanden haben, läßt sich aus seiner Erklärung
schwerlich errathen. Man sagt auch nicht, unter dem Winde eines Schiffes seyn;
einem vor dem Winde seyn; aber wohl, einem andern Schiffe, oder einer andern
Flotte unter dem Winde, oder über dem Winde liegen.
Mit halbem Winde segeln heißt, den Wind voll von der Seite
haben. Man kann alsdann alle Segel führen. Breiter Wind (auch Backstagswind
genannt) ist an der Steuerborts, oder an der Backbortsseite vier Compaß-Striche
von der Linie vor dem Winde entfernt. Er ist von allen Winden der günstigste,
weil man bey demselben noch fast alle Segel führen kann, und doch den Wind halb
im Rücken hat. [
1807-1808] Vor dem Winde segeln; den Wind
gerade im Rücken haben. In den Wind drehen; das Bug des Schiffes dem Winde
gerade entgegen legen. Es geschieht nur in einem heftigen Sturme, wenn man
befürchten muß, vor dem Winde solche Seestürzungen von hinten zu bekommen, daß
der Spiegel des Schiffs Gefahr liefe, eingeschlagen zu werden. Der Wind räumt,
wenn er den Fahrt günstiger wird. Er schralt, wenn er anfängt, weniger günstig
zu werden. Er krimpt ein, wenn er schwächer wird. Er krimpt auf, wenn er gegen
die Sonne umläuft, welches oft schlechtes Wetter verkündigt.
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1807-1808]