Schwinden
, [
1753-1754] verb. irreg. Imperf. ich
schwand; Mittelw. geschwunden; Imperat. schwinde. Es erfordert das Hülfswort
seyn, und bedeutet, 1. * schnell im Kreise beweget werden; eine jetzt veraltete
Bedeutung, von welcher indessen noch unser Schwindel abstammet. 2. Sich schnell
vorüber bewegen. 1) * Eigentlich; eine in Hochdeutschen gleichfalls veraltete
Bedeutung, in welcher man noch im Niedersächsischen sagt, alles schweinen oder
schwinden lassen, alles gehen lassen, zu allem durch die Finger sehen. (Siehe
Geschwinde, welches von dieser Bedeutung abstammet.) 2) Figürlich. (a)
Vergehen, schnell aufhören zu seyn, oder doch empfunden zu werden; in welcher
Bedeutung jetzt verschwinden üblicher ist. Ehedem sagte man dafür nur
schwinden. Wenn der Priester stehet, daß das Eiterweiß schwindet, 3 Mos. 13,
39. Und die höhere Schreibart ziehet dieses einfache Zeitwort noch zuweilen den
zusammen gesetzten vor. Das Auge der Welt neigt sich und geht unter, Farben
ermatten und schwinden, Herd. Nun schwindet des Winters Gestalt, Haged. (b)
Schwinden lassen, fahren lassen, besonders im Oberdeutschen und der gemeinen
Sprechart der Hochdeutschen. Einen Verdacht schwinden lassen. Ich will Zehen
Thaler schwinden lassen, fallen lassen. (c) Unvermerkt an körperlichem Umfange
abnehmen. Das Holz schwindet, wenn es trocken wird. Das Eisen setzt sich nach
dem Gusse und schwindet. So bald die Sonne die Fettigkeit aus dem Kütte
gezogen, schwindet er und springt ab. Ein Glied schwindet, wenn es an
körperlichem Umfang und Kräften abnimmt, gleichsam abstirbt, welchen Zufall man
auch wohl den Schwind zu nennen pflegt. Figürlich auch wohl für abnehmen,
vermindert werden überhaupt.
Indessen fühl' ich wohl, daß meine Kräfte schwinden, Canitz.
Die guten Künste schwinden Und nehmen täglich ab, Opitz.
So auch das Schwinden. Anm. Bey dem Ottfried ohne d, dem oft
ungebethenen Begleiter des Nasenlautes, suinen, im Niedersächs. swinen,
sweinen, im Angelsächs. aswinan, im Schwed. svinna, im Isländ. swina, mit einem
andern Vorlaute im Niedersächs. dwinen, im Isländ. dwina, im Schwed. tvina, im
Engl. to dwine, to dwindle. Schwind und schwinden sind natürliche Ausdrücke
einer schnellen, leichten Bewegung, zu deren Geschlechte auch Wind, wenden u.
s. f. und mit andern Endlauten auch schwingen, Schwanz u. s. f. gehören. In
Baiern ist Schwinderling eine Maulschelle, gleichfalls eine Onomatopöie der
schnellen heftigen Bewegung.