Der Schwanz
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1711-1712] des -es, plur. die Schwänze,
Diminut. das Schwänzchen, Oberd. Schwänzlein. 1) Eigentlich, ein längerer oder
kürzerer dünner und beweglicher Theil am Ende des thierischen Körpers, welcher
den Hintern bedecket, und bey den vierfüßigen Thieren von dem verlängerten
Rückgrathe gebildet wird. Bey den Vögeln bestehet er aus langen Federn, bey den
Fischen aus einer den Floßfedern ähnlichen Materie u. s. f. Der Schwanz eines
Pferdes, (in der anständigen Sprechart der Schweif,) einer Kuh, eines Hundes,
einer Katze, einer Schlange u. s. f. Jemanden auf den Schwanz treten, im
gemeinen Leben, ihn beleidigen. Den Schwanz streicheln, nach dem Munde reden,
fuchsschwänzen, (
S. dieses Wort.) Vier Groschen auf den Schwanz schlagen,
in der niedrigen Sprecharten, sie bey dem Einkauf oder Verkauf unrechtmäßiger
Weise als einen Gewinn sich zueignen, (
S. Schwänzen.) Verschiedene Thiere, besonders Vögel,
haben den Nahmen von der besondern Farbe oder Gestalt ihres Schwanzes bekommen;
z. B. Rothschwanz, Grünschwanz u. s. f. so wie auch verschiedene Pflanzen wegen
der Ähnlichkeit einiger ihrer Theile Roßschwanz, Katzenschwanz, Fuchsschwanz u.
s. f. heißen. Da Schwanz durch den langen und häufigen Gebrauch in den meisten
Fällen unedel geworden, so hat man dafür oft anständigere Ausdrücke. Den
Schwanz eines Fisches nennt man daher den Schlag, und des Pferdes, wie schon
gedacht worden, den Schweif, welches Wort auch in der anständigern Sprechart
anstatt der meisten der folgenden figürlichen Bedeutungen üblich ist. Die Jäger
nennen den Schwanz des Rothwildbretes, die Blume, den Sturz, das Förzel, das
Federle; des Hirsches insbesondere, dem Pürzel, Gall, das Ende, den Schwaden;
des Rehwildbretes, die Schürze, die Scheibe, den Spiegel, des Schwarzwildes,
den Pürzel; des Fuchses, die Ruthe, Standarte, Stange, den Wedel; des Wolfes,
die Standarte; des Luchses, die Ruthe; des Eichhörnchens, die Fahne; des
Hundes, Dachses, der wilden Katzen und übrigen kleinern Raubthiere, die Ruthe;
des Hasens, das Blümchen, Federle; der Fasanen und Älstern, das Spiel u. s. f.
Übrigens sind in den gemeinen Sprecharten auch die Wörter Zagel oder Zahl,
Pürzel, (Nieders. Birl,) Sterze, Nieders. Steert u. s. f. üblich. 2) Figürlich
wird im gemeinen Leben oft das dünne bewegliche Ende eines Dinges, und in noch
weiterm Verstande oft ein jedes Ende, der Schwanz genannt. Dahin gehöret z. B.
der Zopf von Haaren an dem menschlichen Kopfe, in der anständigern Sprechart
der Zopf, Haarzopf; der Schwanz oder Schweif eines Kometen; der Schwanz an den
Kleidern, der doch lieber Schweif oder Schleppe genannt wird, St. Esth. 4, 4;
die Schwänze an den Roten u. s. f. Da es denn auch zuweilen einen unnöthigen
Anhang im verächtlichen Verstande bezeichnet. Einen langen Schwanz bey sich
haben, ein zahlreiches unnöthiges Gefolge. Wenn im Bergbaue der Ring am Hunde,
wodurch das Seil gezogen wird, der Schwanz heißt, so scheinet es eine
Anspielung auf das in diesem Verstande gemißdeutete Wort Hund zu seyn, ob sich
gleich aus der folgenden Abstammung auch die Bedeutung eines Ringes herleiten
lassen würde, wenn sie nur sonst üblich wäre. Anm. Schwanz, im Schwed. Svans,
kommt in den übrigen verwandten Sprachen nicht vor. Indessen ist es sehr
wahrscheinlich, daß es mit schwanken und schwingen aus einer und eben derselben
Quelle abstammet, und die eigenthümliche Beweglichkeit dieses Theiles
ausdrucket. Die oben gedachten gleichbedeutenden Wedel, Schwaden, Feder, Fahne,
(woraus vermittelst des Zischlautes Schwanz gebildet seyn kann,) Schweif, von
schweben, Spiel u. s. f. haben eben denselben Stammbegriff.
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1711-1712]