Schmecken
, [
1559-1560] verb. reg. welches in
doppelter Gestalt üblich ist. I. Als ein Activum. 1. Vermittelst des
Geschmackes versuchen, einen Körper auf die Zunge nehmen, um dessen Geschmack
durch öfters Auf- und Zuschließen des Mundes zu empfinden, wo es den mit dieser
Handlung verbundenen Laut genau nachahmet, daher auch diese Bedeutung als die
erste und eigentliche ausgenommen werden muß. Indessen ist sie nur noch im
gemeinen Leben, besonders einiger Gegenden, gangbar, indem in der anständigern
Sprechart kosten eingeführet ist. Den Wein schmecken, kosten. Da ers schmeckte,
wollte ers nicht trinken, Matth. 27, 34. Ingleichen figürlich, doch auch nur im
gemeinen Leben, durch die Empfindung erkennen. Einem Rinde die Ruthe zu
schmecken geben. Von diesen Widerwärtigkeiten hat Cajus noch nichts geschmeckt.
2. In weiterm Verstande, durch den Geschmack, oder vermittelst des Geschmackes
erkennen, sich der Veränderungen, welche die Salztheilchen der Körper auf den
Nervenwärzchen der Zunge machen, bewußt seyn. Nicht schmecken können. Scharf
schmecken. Schmecken sie nichts? Ich schmecke, daß es süß ist. Ich schmecke das
Salz in dem Wasser. Es ist im Passivo nicht gebräuchlich, ohne daß es deßwegen
für ein Neutrum gehalten werden dürfte, indem es doch die vierte Endung der
Sache leidet. 3. Figürlich. 1) Mit lebhafter Empfindung genießen; am häufigsten
in der vertraulichen Sprechart. Ich schmecke kein Vergnügen recht, welches ich
nicht mit ihnen theile. 2) In der Deutschen Bibel wird es nach einer
gewöhnlichen Morgenländischen Figur, oft für empfinden, erfahren überhaupt
gebraucht, welche Figur aber im Deutschen ungewöhnlich ist. Schmecket, wie
freundlich der Herr ist, Ps. 34, 9. Die, welche geschmeckt haben die himmlische
Gabe und das gütige Wort Gottes, Ebr. 6, 4. Den Tod nicht schmecken, in vielen
Stellen. II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, durch den Geschmack
empfunden werden, diejenigen Veränderungen auf der Zunge hervor bringen, welche
den Geschmack ausmachen. 1. Eigentlich. Die Quasita schmeckt bitter, der Zucker
süß; der Alaun salzig. Gut, schlecht, übel schmecken. Das Gewürz schmeckt wie
Pfeffer. Aber, nach etwas schmecken, das Daseyn eines Dinges oder seiner Theile
durch den Geschmack verrathen. Der Wein schmeckt nach dem Fasse, die Speise
nach dem Rauche. Das Man (Manna) schmeckte, wie einer wollte, daß es ihm
schmecken sollte, Weish. 16, 20. Wie schmeckt die diese Speise? 2. Figürlich.
1) Gut schmecken. Diese Speise schmeckt ihm. Ingleichen mit Gefallen, mit
Appetit genossen werden, von Speisen und Getränken. Auf den Schinken schmeckt
ein Trunk. Es schmeckt ihm, sagt man, wenn jemand wacker isset; ingleichen
sichs schmecken lassen.
Wo bey der unbezahlten Freude Sichs Wirth und Fremdling
schmecken läßt, Michäl.
Es will mir nichts schmecken, wenn man zu keiner Speise
Appetit hat. 2) Empfunden, erfahren werden. Ein Gewinn von tausend Thalern
schmeckt überaus gut. Diese Begegnung will mir nicht schmecken. Wie schmeckt
dir dieser Einfall? Ingleichen mit Gefallen empfunden werden. Das will mir
nicht schmecken. 3) Nach etwas schmecken, die Anwesenheit oder Eigenschaft
einer Sache der Empfindung verrathen. Ein solcher Witz schmeckt nach der
Schule. Die Frau schmeckt gewiß nach dem Dorfe, die ihrem Manne treu bleibt,
Weiße. Daher das Schmecken,
S. auch Geschmack. Anm. Bey dem Ottfried smekan, bey dem
Notker smecchan, im Nieders. smecken, im Angels. smaeccan, im Engl. to smack,
im Schwed. smaka, im Böhm. ssmakowati, im Pohln. smakuje. Es ist eine
unmittelbare Nachahmung des mit dem Schmecken oder Kosten verbundenen Lautes,
der ein schwächeres Schmatzen ist, daher smacken, smucken und smacksen, im
Nieders. auch für schmatzen üblich ist, smicken aber daselbst in kleinen Bissen
essen bedeutet. Der Form nach ist es ein Intensivum, welches ein verstärktes
Smagen ausdruckt; daher im Dänischen smage schmecken ist. Unser schmachten ist
davon gleichfalls ein Intensivum, aber nach einer andern Form. Ohne Zischlaut
gehören auch das Franz. macher, kauen, das Lat. Maxilla, u. a. m. dahin.
Schmecke und Schmecker für Geschmack, d. i. das Vermögen
[
1561-1562] zu schmecken, sind nur in den niedrigsten
Sprecharten gangbar. Schmecken lautet in einigen groben Mundarten schmacken,
und dieses a hat sich auch in vielen Ableitungen erhalten; woraus aber nicht
folget, daß man deßhalb schmäcken schreiben müßte, so wenig als man lägen,
sähen, bewägen u. s. f. schreibt, weil davon Lage, ich sahe, bewogen abstammen.
In ganz Oberdeutschland, doch in einigen Provinzen mehr als in andern, wird
schmecken auch für riechen gebraucht, und in manchen Gegenden kennet man das
letztere gar nicht. Die Blumen hangen ihr wohlschmeckendes Haupt, Opitz.
Je mehr man Saffran reibet, Je stärker schmeckt er auch ebend.
da er doch in andern Stellen beyde Begriffe hinlänglich
unterscheidet. So seltsam diese Figur klinget, so philosophisch ist sie doch,
weil Geschmack und Geruch im Grunde nur Ein und eben derselbe Sinn sind. In den
niedrigen Sprecharten einiger Oberdeutschen Gegenden ist daher der Schmecker
die Nase, die Schmecke und das Schmeckbüschel ein Blumenstrauß.
[
1561-1562]