Das Schiff
, [
1453-1454] des -es, plur. die -e,
Diminut. das Schiffchen, Oberd. Schifflein, ein Wort, in welchem der Begriff
des hohlen Raumes, der Vertiefung, der herrschende ist, daher es ehedem so viel
als ein hohles Gefäß bedeutete. 1) Überhaupt, zu welcher weitern Bedeutung
unser Schaff und Scheffel, das Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe
Image - , ein Gefäß, -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ,
ein Schiff und ein Becher, u. a. m. gehören. Im Deutschen kommt es in dieser
weitern Bedeutung noch in verschiedenen einzelnen Fällen vor, am häufigsten
aber von gewissen hohlen Gefäßen ohne Füße und Henkel. In den Brauhäusern
werden die hölzernen Gefäße, in welchen das Bier sich abkühlen muß, so wohl
Kühlschiffe als Kühlstöcke genannt. Bey den Mahlern sind die Schiffchen kleine
runde Gefäße ohne Henkel, das Öhl und die Farben hinein zu thun, welche auch
Näpfchen heißen. Das Schiff der Weber ist ein in der Mitte ausgehöhltes an
beyden Enden spitziges Werkzeug, den darin auf der Spule befindlichen Eintrag
mit demselben durch die Kette zu schießen; wo aber auch der Begriff des
Schiebens mit in Betrachtung kommen kann, zumahl da es auch die Schießspule und
der Schütze, von schießen, genannt wird. Im Darmstädtischen heißt es der
Scheffel. Im mittlern Latein heißt es gleichfalls Navicula. Ähnliche aber weit
kleinere und von Elfenbein bereitete Schiffchen hat das Frauenzimmer, die
Knötchen damit zu schlingen. Das Schiff der Buchdrucker, Franz. la Gallee, ist
ein längliches vierecktes Bret mit einem Rande, aus dessen Falze sich ein
schmaleres Bret, die Schiffzunge, heraus ziehen läßt, in welchem die Columnen
aus den Zeilen formiret werden. Das Schiff einer Kirche, im mittlern Lat.
Navis, ist der mittlere größte Theil der Kirche, im Gegensatze der Halle und
des Chors. In der im gemeinen Leben sehr üblichen Redensart Schiff und
Geschirr, bedeutet Schiff alle zu einer gewissen Absicht nöthigen Gefäße,
Geschirr aber alles übrige Geräth. Dem Pachter eines Landgutes das Inventarium
über Schiff und Geschirr einhändigen, über alles zur Landwirthschaft gehöriger
Geräth. Indessen kann es seyn, daß es hier besonders die zum Feldbau nöthigen
Wagen bedeutet; wenigstens wird bey dem Fuhr- und Postwesen, wenn von Schiff
und Geschirr die Rede ist, unter Schiff zunächst der Wagen verstanden. Jeder
Bürger mag mit seinem eigenen Schiff und Geschirr zu seinem Hausgebrauche
fischen, heißt es in einer Oberdeutschen Fischerordnung, wo unter Schiff
zunächst wohl das Fahrzeug auf dem Wasser verstanden wird. 2) In engerer und
der gewöhnlichen Bedeutung ist das Schiff ein hohles Fahrzeug auf dem Wasser
mit einem vertieften Boden, ein Fahrzeug, welches sich vermittelst der Borte
auf seinem Kiele oder Boden erhebet; zum Unterschiede von einer Prahme, einer
Fähre, und einem Floße. Man könnte es hier sehr wahrscheinlich mit Wachtern von
schieben, in der weitern ehemahligen Bedeutung der schnellen leichten
Veränderung des Ortes, ableiten, wenn nicht glaublicher wäre, daß auch hier der
Begriff der Vertiefung, des hohlen Raumes, der herrschende ist, wie unter
andern auch aus den gleichbedeutenden Wörtern erhellet. Die Flußschiffe werden
in vielen Gegenden nur Gefäße genannt; das Lat. Navis gehöret zu Napf, so wie
das Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und
-
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , ein Kahn, Schiff, zu
-
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und mit demselben zu
-
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , aushöhlen. Ehedem, da
unsere heutigen großen Schiffe noch unbekannt waren, hieß ein jeder kleiner
Kahn oder Nachen schon ein Schiff; bey dem Ulphilas Skipa, im Schwed. Skepp, im
Nieders. Schipp, im Bretagnischen Schaff, im Wallis. Ysgaff, im Franz. Esquif,
im Ital. Schiffo, im Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe
Image - , im Latein. Scapha; alle in der Bedeutung eines Kahnes. Macrobius
erzählt, es sey eine alte Sage, Herculem scypho tanquam navigio vento immensa
maria transiisse, wobey er doch so verständig ist, daß er es nicht durch einen
Becher, sondern durch ein Fahrzeug erklären will, ob ihm gleich unbekannt war,
daß dieses Scyphus unser altes Schiff in der nunmehr veralteten Bedeutung eines
Kahnes ist. Jetzt ist dieses Wort nur noch die allgemeine Benennung aller
großen Fahrzeuge dieser Art, um sie von Kähnen, Nachen, Böthen u. s. f. zu
unterscheiden, und welche nach Verschiedenheit ihrer Bauart, ihrer Bestimmung
u. s. f. wieder eine Menge eigener Nahmen haben, wohin die Ruderschiffe,
Fischerschiffe, Lastschiffe, Jagdschiffe, Kauffahrteyschiffe oder
Handelsschiffe, Kriegsschiffe, Raubschiffe, Flußschiffe, Seeschiffe u. s. f.
gehören. Bey dem Ottfried Scif, bey dem Tatian Shef, im Nieders. Schipp, im
Angels. Scip, im Schwed. Skepp, im Engl. Ship. In Ansehung der Art des
Fortkommens theilet man sie in Schiffe mit hohen Borten oder im Hochborte,
welche durch Segel fortgetrieben werden, und in Schiffe mit niedrigen Borten,
oder Niederborte, Ruderschiffe, welche sich der Ruder bedienen, und wohin auch
die Galeeren gehören, ob es gleich auch eine dritte Art gibt, welche sich der
Segel und Ruder zugleich bedienet. Ein Schiff bauen, ausrüsten. Zu Schiffe
gehen. Waaren zu Schiffe, in das Schiff bringen. Zu Schiffe fahren, zu Wasser.
Sich zu Schiffe begeben. Mit dem Schiffe abfahren. Das Schiff strandet u. s. f.
Figürlich nennet man auch zuweilen einen Theil eines Schiffes das Schiff. So
ist das Vorderschiff der vordere Theil des Schiffes, und das Hinterschiff der
hintere Theil. Wegen einiger Ähnlichkeit der Gestalt, wird auch eine Art
Muscheln mit einem scharnierförmigen Schlosse das Schiffchen genannt, und bey
den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches ist das Schiff, Carina L. das
untere von den [
1455-1456] vier Blumenblättern einer
Schmetterlingsblume; gleichfalls wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt. Anm.
In den folgenden Zusammensetzungen ist das Schiffs bald Schiff - üblich. Das
erstere beziehet sich auf ein einzelnes bestimmtes Schiff, das letztere ist
unbestimmter. So ist ein Schiffknecht überhaupt jemand, welcher sich zu den
geringsten Arbeiten auf Schiffen gebrauchen läßt, der Schiffsknecht aber in
Beziehung auf ein gewisses bestimmtes Schiff. Es können daher in einem und eben
demselben Worte beyde Formen in verschiedenen Beziehungen üblich seyn. In
manchen Fällen aber hat auch der Gebrauch ein anderes eingeführet.
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1455-1456]