Scherzen
, [
1427-1428] verb. reg. welches in
doppelter Gestalt vorkommt. I. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort haben
erfordert, da es denn überhaupt solche Handlungen und Bewegungen vornehmen
bedeutet, welche keine weitere Absicht haben; als sein Vergnügen, seine
Lustigkeit an den Tag zu legen. In diesem Verstande scherzen die Kälber, die
Hunde u. s. f., wenn sie sich erlustigen. Die Wallfische scherzen im Meere, Ps.
104, 26. Bey den Dichtern scherzen die Weste um das Laub, umscherzen die
Blumen. In engerer Bedeutung scherzet man, wenn man Reden, und in noch engerm
Verstande witzige Reden vorbringt, welche zur erlaubten Belustigung unserer und
anderer dienen, andere zu einem anständigen Lachen bewegen. Mit einer Person
oder Sache scherzen, sie zum Gegenstande seines Scherzes machen. Nicht mit sich
scherzen lassen. Damit ist nicht zu scherzen. Über etwas scherzen. Mit einer
scherzenden Miene, besser, mit einer scherzhaften. In beyden Fällen oft im
Gegensatze des Ernstes. Es war nicht mein Ernst, ich habe nur gescherzet. Ein
falscher Mensch geht mit seinem Nächsten betrüglich um, und spricht darnach:
ich habe gescherzt, Sprichw. 26, 19. II. * Als ein Activum, für verspotten,
verhöhnen. Opitz sagt von einem buhlerischen Frauenzimmer; wie sie durch ihr
tägliches Aufnehmen und tägliches Verstoßen andere scherzet, also wird sie von
andern wieder gescherzet.
Scherze ja den Himmel nicht und die Geduld der Götter, ebend.
Wenn hier ein Eselskopf mich den Poeten nennt, Und scherze mich, wie er meynt,
ebend.
d. i. schimpft, so wie unser heutiges Schimpf ehedem
gleichfalls Scherz bedeutete.
Wer nicht würdig trinkt und isset, Der scherzt des Herren Leib
und Blut, ebend.
Im Hochdeutschen ist diese thätige Bedeutung völlig
unbekannt, obgleich noch Gleim singt:
Da stehen sie die Schönen Um mich und sehn mich an, Und
scherzen mich und sagen: Du bist ein alter Mann!
So auch das Scherzen. Anm. Es kommt dieses Wort, so viel ich
gefunden habe, weder in unsern ältesten Schriften noch in den sonst verwandten
Sprachen vor, außer daß die Italiäner ihr scherzare daher entlehnet haben.
Indessen hat es doch das Ansehen eines alten Wortes. Die Ableitungssylbe -zen
ist bey vielen Zeitwörtern ein Zeichen eines Intensivi, und allem Ansehen nach
ist scherzen ein solches Intensivum von scheren, entweder so fern es überhaupt
hurtige, lustige Bewegungen machen, oder auch so fern es aufziehen, verspotten
bedeutet, welche Bedeutung wenigstens in dem Activo scherzen unläugbar ist.
Merkwürdig ist nur, daß das Intensivum in der anständigsten Bedeutung üblich
ist, dagegen scheren bis zum großen Haufen hinab gesunken ist.
S. Scheren 2. [
1429-1430]