Die Scherbe
, [
1417-1418] plur. die -n, Diminut. das
Scherbchen, Oberd. Scherblein, ein Wort, in welchem ein doppelter Hauptbegriff
Statt findet. 1) Der Theilung, des Bruches, wo es im weitesten Verstande
eigentlich ein Stück eines Ganzen ist, welche Bedeutung das Schwed, Skärf noch
hat, welches z. B. auch von den Stücken eines zerbrochenen Beines oder Knochens
gebraucht wird. Im Deutschen ist es nur im engern Verstande gangbar von den
Stücken eines zerbrochenen gläsernen, noch mehr aber irdenen oder steinernen
Gefäßes. In Scherben zerfallen, zerbrechen. Sprichw. an den Scherben siehet
man, was am Hafen oder Topfe gewesen ist. In der Deutschen Bibel lautet es
beständig im männlichen Geschlechte der Scherbe, so wie es im Oberdeutschen in
eben demselben Geschlechte der Scherben heißt; indessen ist im Hochdeutschen
das weibliche Geschlechte das gangbarste. Es stammet von scheren ab, so fern es
theilen überhaupt, und zerbrechen besonders bedeutet; indessen kann es seyn,
daß in der heutigen engern Bedeutung der verwandte Begriff der Schärfe mit
eintritt, indem dergleichen Bruchstücke gemeiniglich scharf sind. In einer
alten Chronik bey dem Frisch heißt es: es habe Steine und Scherben gehagelt,
ohne Zweifel starke Hagelstücke. Mit einem andern Endlaute heißt eine Scherbe
im Nieders. Schaart, im Angels. Sceard, im Engl. Shard, gleichfalls von
scheren, theilen. (
S. Scharte und Scharf.) 2) Des hohlen Raumes, wo
verschiedene Arten von hohlen Gefäßen hin und wieder unter dem Nahmen der
Scherben bekannt sind. Die Seifenscherbe ist in einigen Gegenden ein kleines
oft halb rundes Gefäß, die Handseife darin zu verwahren; vielleicht nur, so
fern es oft ein Bruchstück eines zerbrochenen andern Gefäßes ist, welches auch
von den Probierscherben gilt. Indessen ist in andern Fällen die Bedeutung eines
Gefäßes erweislicher, aber alsdann ist es, selbst im Hochdeutschen, im
männlichen Geschlechte am üblichsten, der Scherben, und in manchen Gegenden
sagt man auch mit einem andern Endlaute der Scherbel oder Schirbel. Die
Blumenscherbe, noch häufiger der Blumenscherbel, ein irdenes oder porzellänenes
Gefäß, Blumen darein zu pflanzen, welches man sonst auch einen Asch, oder einen
Topf zu nennen pflegt. Das Nachtgeschirr oder der Nachttopf ist im
Oberdeutschen unter dem Nahmen des Nachtscherbens, oder auch nur des Scherbens
schlechthin am bekanntesten. Daß sich diese Bedeutung des hohlen Raumes aus der
eigentlichen Bedeutung des Zeitwortes scheren sehr füglich herleiten lasse,
erhellet aus 1 Schar. [
1419-1420]