Die Scharte
, [
1367-1368] plur. die -n, ein vermittelst
des verstärkenden Endlautes t von 1 Schar, und dem daselbst zum Grunde
liegenden Zeitworte scharen, abstammendes Wort, welches daher auch aller dort
bemerkten Bedeutungen fähig ist. Im Hochdeutschen kommen davon noch folgende
vor. 1. Mit dem Begriffe des hohlen Raumes, eines Gefäßes, ist die Scharte oder
Schar, in einigen Gegenden, selbst Obersachsens, ein großer runder küpferner
Tiegel auf Füßen, mit einer küpfernen einschließenden Decke, welche eben mit
glühenden Kohlen beleget wird, Pasteten darin zu backen, oder andere Speisen
darin zuzurichten. In einem von dem Frisch angeführten alten Vocabulario von
1482 ist Schart eine jede Pfanne. 2. Mit dem Begriffe des Schneidens, Brechens,
Theilens u. s. f. der sich auf eine unmittelbare Onomatopöie gründet, ist die
Scharte, 1) * Ein abgebrochenes, abgeschnittenes, abgesprungenes Stück, ein
Span, Splitter, ein Stück; eine noch in den gemeinen Sprecharten, so wohl Ober-
als Niederdeutschlandes gangbare, im Hochdeutschen aber unbekannte Bedeutung.
So gebraucht Jeroschin Schart für einen Span. (
S. auch Heftscharte.) Im Nieders. ist Schaard in engerer
Bedeutung ein Stück eines zerbrochenen Topfes; eine Scherbe, Angels. Sceard,
Engl. Shard, Sheard, Sherd. 2) Ein Einschnitt, eine durch Schneiden, Reißen,
Brechen u. s. f. verursachte Öffnung. Bey dem Stryker kommt schart für
verwundet vor. Im Engl. ist Scar eine Narbe, Franz. Escarre. In den
Alemannischen Gesetzen bedeutet Lidiscarti die Verstümmelung eines Gliedes, und
Orscarti die Verletzung des Ohres. Das Schwed. skarda bedeutet gleichfalls
verletzen, das Isländ. skord vermindern, und unser kurz ist nur durch den
Mangel des Zischlautes davon verschieden. Es kommt hier noch in folgenden
Fällen vor. (a) In dem zusammen gesetzten Hasenscharte bedeutet es eine
angeborene Spalte in der Lippe, dergleichen die Hasen haben, (
S. dieses Wort.) (b) An scharfen schneidenden Werkzeugen
ist die Scharte eine fehlerhafte Öffnung an der Schärfe, welche durch ein
ausgesprungenes Stück verursacht worden; Niedersächsisch Schaard, Isländisch
Skard. Das Messer hat Scharten, bekommt Scharten. Eine Scharte auswetzen, so
wohl eigentlich als auch figürlich, einen Fehler wieder gut machen, einen
Schaden ersetzen. Du hast kein scharfes Schwert mit Scharten stumpf gemacht,
Opitz. (c) Ein Einschnitt in die Oberfläche der Mauern oder Brustwehren,
dadurch zu schießen, ist unter dem Nahmen einer Schießscharte bekannt. Schwed.
Skard, Franz. Escarre. In den Niederdeutschen Marschländern wird auch die in
die Oberfläche eines Deiches oder Dammes eingeschnittene Durchfahrt eine
Scharte genannt. Ohne Zischlaut ist im Nieders. Kart eine Kerbe. (d) Eine
gewisse Pflanze, wird wegen ihrer zackigen gekerbten Blätter so wohl Scharte,
als Schartenkraut, und mit einer andern Endsylbe Scharley genannt; Serratula L.
welcher Lateinische Nahme sich auf eben diesen Umstand beziehet, von Serra,
eine Säge. Es gibt mehrere Arten derselben, worunter besonders diejenigen
diesen Nahmen führet, welche zum Färben gebraucht wird und eine mittelmäßige
gelbe Farbe gibt; Serratula tinctoria L. Färberscharte. Im Nieders. heißt sie
nur Schar. Anm. (
S. 1 Schar.) Das a wird im Hochdeutschen in diesem Worte
gemeiniglich gedehnt ausgesprochen, andere Mundarten brechen es kurz ab. Aber
es, wenn Scharte die Lücke in einer Schneide bedeutet, lang, und wenn es der
Einsicht in einer Brustwehre ist, kurz aussprechen, wie einige wollen, ist eine
sehr willkührliche Regel. [
1369-1370]