Saufen
, [
1297-1298] verb. irreg. act. et neutr.
welches im letztern Falle das Hülfswort haben erfordert, ich saufe, du säufst,
er säuft, (Oberd. du saufst, er sauft;) Imperf. ich soff; Mittelw. gesoffen;
Imperat. sauf oder saufe. 1) Einen flüssigen Körper als einen Theil seiner
Nahrung in sich ziehen, eigentlich, denselben mit starken Zügen, mit einem
merklichen Laute in sich ziehen; daher es für trinken, besonders von solchen
Thieren gebraucht wird, welche mit lautem Geräusche trinken. Dem Viehe zu
saufen geben. Das Vieh säuft Wasser. Bis der Löwe das Blut der Erschlagenen
saufe, 4 Mos. 23, 24. Von Menschen in dieser allgemeinen Bedeutung für trinken
überhaupt ist es nur im harten und verächtlichen Verstande üblich. Das sie
ihren eigenen Mist fressen und ihren Harn saufen, Es. 36, 12. Ein Mensch der
Unrecht säuft wie Wasser, Hiob. 15, 16. Figürlich zuweilen in der dichterischen
Schreibart von leblosen Dingen, einen flüssigen Körper reichlich in sich
ziehen; wofür aber auch das anständigere trinken üblich ist. 2) In engerer
Bedeutung, auf eine ausschweifende Art trinken, mehr trinken, als die Natur zur
Stillung des Durstes bedarf; auch nur im harten, verächtlichen Verstande. So
wohl absolute und als ein Neutrum, saufen, die lasterhafte Fer- tigkeit haben,
mehr zu trinken, als die Natur bedarf, und als der Verstand ertragen kann, als
auch mit dem Accusativ der Sache. Fressen und saufen. Die ganze Nacht durch
saufen. Sich das Saufen angewöhnen. Dem Saufen ergeben seyn. Sich toll und voll
saufen. Mit jemanden saufen. Wein, Bier u. s. f. saufen. Lauter im gemeinen
Leben, oder doch nur im harten verächtlichen Verstande, übliche Redensarten.
Man säuft sich von Verstand bloß auf ihr Wohlergehn, Zachar.
Daher das Saufen.
S. auch der Soff. Anm. Bey dem Kero suuffen, bey dem
Notker soufen, der es auch für ersaufen gebraucht, in den gemeinen
Oberdeutschen Mundarten soaffen, seefen u. s. f. im Angels. supan, sypan, im
Nieders. supen, im Schwed. supa. Selbst im Hebr. ist -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - ingurgitavit. Das Wort selbst ist
eine Onomatopöie, und ahmet den mit dem lauten Einziehen eines flüssigen
Getränkes verbundenen Laut genau nach. Und da dieser Laut sich im Ganzen immer
ähnlich bleibt, wenn gleich die Nebenumstände verschieden sind, so wird es bey
verschiedenen Völkerschaften auch mit allerley Nebenbedeutungen gebraucht.
Hornegk gebraucht saufen noch in der veralteten Bedeutung für schlürfen, und
zuweilen auch für hinterschlucken, welche Bedeutung auch das Angels. supan und
das Schwed. supa haben, und wovon unser Suppe abstammet. Das Angels. supan
bedeutet auch kosten. Bey dem Ulphilas ist supan würzen, welches aber zu einem
andern, obgleich verwandten Stamm zu gehören scheinet. Das Bretagnische souba
ist befeuchten, beitzen, das Französ, souper und Engl. to sup zu Abend speisen,
und das Schwed. supa und Engl to sup, sip, bedeutet auch mit kleinen Zügen
trinken. Unser saufen drückt zunächst das Einschlürfen mit starken Zügen aus,
und dieß ist auch die Ursache, warum es mit seinem ganzen Geschlechte für die
anständige Sprechart in den meisten Fällen zu niedrig ist. Die Bedeutung des
unmäßigen Trinkens war den Alten unbekannt. Die Oberdeutsche Mundart druckte
diesen Begriff im 8ten Jahrhunderte durch ubardrin kann, übertrinken aus. Die
gemeinen Sprecharten haben von diesem Worte noch allerley Zeitwörter, welche im
Hochdeutschen fremd sind. Dergleichen sind das Oberdeutsche Desiderativum
säufern für dursten, das Nieders. Intensivum sobben, immer saufen, das
Oberdeutsche Intensivum supfen, mit lautem Schalle in sich schlürfen, das
Nieders. Diminut. sipken, mit kleinen Zügen kosten, pitissire, und das
gleichfalls Nieders. Activum söpen, zu saufen geben, tränken, wovon wir nur die
Zusammensetzungen ersäufen und besaufen haben. [
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