Rieseln
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1113-1114] verb. reg. neutr. welches das
Hülfswort haben erfordert, und den Schall derjenigen Veränderungen genau
nachahmet, welche es bezeichnet. Man gebraucht es, 1) von dem mit diesem Laute
verbundenes Fließen der Bäche, Quellen und kleine Flüsse, besonders wenn sie
auf einer abhängigen Fläche fortfließen. Wie sanft rieselst du vorüber, kleine
Quelle, durch die Wasserkresse und durch die Bachbungen! Geßn. Rausche sanft,
du rieselnde Quelle, ebend. 2) Körnerweise, oder in Körnern herab fallen,
welches in einigen gemeinen Mundarten auch röhren genannt wird. Der Kalk
rieselt von der Mauer, wenn er in kleinen Körnern herab rollet. Wie ein Riß an
einer hohen Mauer, wenn es beginnet zu rieseln, Es. 30, 13. Nieders. grüseln.
Es rieselt, sagt man auch, wenn der gefrorne Schnee in Gestalt kleiner
Hagelkörner einzeln herunter fällt; Engl. to drizzle, Franz. gresiller. An
andern Orten rieselt es, wenn es in einzelnen kleinen Tropfen regnet. Lauter
von dein Schalle hergenommene Bedeutungen. Daher des Rieseln. Anm. Mit allerley
Vorlauten stammen davon grüseln, bröseln, das schon gedachte Franz. gresiller,
und Gresil, der Hagel, das Engl. to drizzle, und andere mehr her. Rieseln ist
das Diminutivum und zugleich das Frequentativum von dem im Hochdeutschen völlig
veralteten riesen, abfallen, welches noch im Hoch- und Niederdeutschen gangbar
ist, bey dem Notker risen, im Schwed. rasa, einstürzen, drossa, bey dem
Ulphilas driusan. Im Nieders. ist daher Reß der Abfall von Korne, und im
Schwed. Ras das Bett eines Flusses. Eine Sanduhr heißt um deßwillen auch im
Oberdeutschen eine Riesuhr, von riesen, rieseln.
S. Gries, Graus und vornehmlich Reisen.
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1113-1114]