Das Rauchhuhn
, [
969-970] des es, plur. die -hühner, in
vielen Gegenden so wohl Ober- als Niederdeutschlandes, eine Benennung eines
Zinshuhnes, welches die Unterthanen theils zur Erkenntniß des Eigenthumrechtes
an den Grundheeren, theils aber auch als eine Abgabe an die Pfarrer und
Schuldiener zu gewisser Zeit im Jahre entrichten müssen. Die Wortforscher so
wohl als die Rechtslehrer haben sich mit der buchstäblichen Bedeutung dieses
Wortes viel zu schaffen gemacht, und einige ihrer Ableitungen sind lächerlich
genug, um hier übertragen zu werden. Ich will daher nur die zwey
wahrscheinlichsten anführen. 1) Einige leiten dieses Wort von dem Hauptworte
Rauch ab, so fern dasselbe in vielen Gegenden noch einen Rauchfang, oder eine
Feuermauer, und in weiterer Bedeutung eine Feuerstätte bedeutet, (
S. der Rauch 25). Und diesen kommt das zu Statten, daß
die Rauchhühner wirklich in vielen Gegenden von den Feuerstätten gegeben
werden, ja wohl überall ein Zins sind, der allein auf der Feuerstätte, d. i.
auf dem Wohnhause, haftet. So muß zu Oberstadt im Hennebergischen jedes Haus
dem Pfarrer jährlich ein Rauchhuhn zinsen, und zu dieser Abgabe ist auch
derjenige verpflichtet, welcher ein neues Haus auf einer vorher wüsten Stelle
bauet; indem er von der Zeit an, da der erste Rauch von seinem Herde in die
Höhe steiget, das Rauchhuhn geben muß. Und in so fern scheinet das Hauptwort
Rauch, für Feuerstätte, hier allerdings zum Grunde zu liegen; zumahl da es auch
in einer Urkunde von 1360 in Gerckens Diplomat. Th. 1, S. 338 durch pullus
domesticus übersetzt wird. 2) Andere leiten es von rauch, besiedert, ab, und
behaupten, daß es eigentlich ein lebendiges, noch ungeschlachtetes und
ungerupftes Huhn bedeute, und einem geschlachteten entgegen gesetzt werde. Auch
diese Ableitung hat ihre Wahrscheinlichkeit, indem die Rauchhühner wirklich in
lebendigen Hühnern bestehen, und daher auch in den Lateinischen Urkunden der
mittlern Zeiten Gallinae plumosae, plumeae, oder in plumis, zum Unterschiede
von den Gallinis nudis, heißen. Auf den letzten Beweis darf man indessen nicht
zu viel bauen, indem er eigentlich nur die etymologischen Kenntnisse des
Concipienten der Urkunde beweiset, weil man eben so viele Beyspiele anführen
kann, da diese Hühner Gallinae fumosae genannt werden. Es ist indessen möglich,
daß nach Maßgebung der verschiedenen Gegenden und Umstände, welche dabey in
Betrachtung gezogen werden müssen, beyde Ableitungen Statt finden können.
Nieders. Rookhohn und verderbt Rokum, (
S. auch Rauchpfennig.) Übrigens werden diese Zinshühner
nach Beschaffenheit der Zeit, zu welcher sie entrichtet werden müssen, auch
Herbsthühner, Pfingsthühner, Sommerhühner und Fastnachtshühner genannt. So fern
sie zur Erkenntniß des Obereigenthumsrechtes gegeben werden, heißen sie an
einigen Orten auch Haupthühner und Leibhühner, und verderbt Laubhühner.
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971-972]