Prüfen
, [
851-852] verb. reg. act. dessen
heutiger Gebrauch nur noch ein geringer Überrest seiner ehemahligen Bedeutungen
ist, wovon man die meisten, vermuthlich um der Zweydeutigkeit willen, zu
welcher sie Anlaß gaben, veralten lassen. Es bedeutete, 1) * billigen, gut
heißen, wie das Lat. probare; ein längst veralteter Gebrauch, wovon aber in den
ältern Schriften noch hin und wieder Spuren vorkommen. 2) * Beweisen; eine
gleichfalls veraltete Bedeutung, welche noch bey den Dichtern des Schwäbischen
Zeitalters gangbar ist. Schwed. pröfva, Franz. prouver, Lat. probare. 3) *
Empfinden, erfahren, gewahr werden, spüren; Angels. profian, Schwed. profva,
Franz. eprouver. Du magst sein Zartheit priefen daran, Buch der Natur 1483. So
seind die Luft in der Stille und prüfft man wenig Wind, ebend. Im Hochdeutschen
ist auch diese Bedeutung veraltet, indessen ist sie noch im Oberdeutschen,
wenigstens in einigen Gegenden, gangbar. Ich habe die Kälte geprüfet, ist
daselbst so viel, als ich habe sie erfahren, empfunden. 4) * Betrachten,
erwegen. Seht an ir kele wis und pruivent ir mund, Heinrich von Mohrunge.
Pruive er wol swer tihten kunne, was Materie liet an dem waldeu u. s. f. Schenk
Ulrich von Winterstetten. Auch diese Bedeutung ist veraltet. 5) Die
Beschaffenheit eines Dinges zu erkennen suchen, so wohl überhaupt, für
untersuchen; eine noch gangbare Bedeutung. Ich habe diesen Vorschlag lange
geprüft. Prüfet alles, und das Gute behaltet, 1 Thess. 5, 21. Sich selbst, sein
Gewissen prüfen, seine Beschaffenheit, ingleichen die Rechtmäßigkeit oder
Unrechtmäßigkeit seiner begangenen Handlungen untersuchen. Als auch, 6) in
engerer Bedeutung, die Beschaffenheit einer Sache durch einen angestellten
Versuch, durch eine ausdrücklich dazu vorgenommene Handlung untersuchen, solche
Umstände verursachen, worin sich die Beschaffenheit eines Dinges und der Grad
derselben äußern muß; wo es von körperlichen Untersuchungen dieser Art nur noch
zuweilen in der edlern Schreibart ge- braucht wird. Einen Wein prüfen, ihn
kosten, ihn probieren. Das Gold prüfen, Weish. 3, 6, es probieren. Am
üblichsten ist es noch von unkörperlichen Untersuchungen dieser Art. Einen
Freund prüfen, ihn in Umstände versetzen, worin er zeigen muß, ob er wirklich
unser Freund ist. Eines Freundschaft, Gelehrsamkeit, Fähigkeit prüfen.
Besonders in der Deutschen Bibel und biblischen Schreibart. Daran will ich euch
prüfen, 1 Mos. 42, 15. Prüfe mich Herr, und versuche mich, Pf. 26, 2. Und so in
andern Stellen mehr.
S. auch das folgende. Anm. Im Nieders. ist pröven
kosten, schmecken, versuchen, probieren. Es scheint nicht aus dem Lat. probare
entlehnet zu seyn, wie gemeiniglich geglaubt wird, und wie von probieren
erweislich ist. Es ist vielmehr allem Ansehen nach ein Seitenverwandter
desselben, ob sich gleich die erste und eigentliche Bedeutung nur errathen
läßt. Es kann vermittelst des vorgesetzten Blaselautes von rufen, in dessen
weitern Bedeutung, einen vernehmlichen Laut von sich geben, abstammen, und
alsdann würde die Bedeutung des Billigens, des Beweisens die erste seyn. Es
kann aber auch zuerst essen, genießen, kosten bedeutet haben, da es denn von
Pfründe nur im Endlaute unterschieden seyn, und unter andern auch zu reiben
gehören würde, so fern dieses im weitesten Verstande auch kauen und essen
bedeutet hat.
S. auch Kosten, welches in der Abstammung und Bedeutung
vieles mit diesem Worte gemein hat, ingleichen Probieren und Versuchen.
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853-854]