Das Pferd
, [
723-724] des -es, plur. die -e,
Diminut. das Pferdchen, Oberd. das Pferdlein, ein vierfüßiges einhufiges Thier
mit aufgerichteten Ohren und langen Schwanzhaaren, welches eines der
vornehmsten zahmen Thiere ist, und vornehmlich zum Ziehen und Lasttragen
gebraucht wird. 1) Eigentlich. Ein zugerittenes, noch nicht zugerittenes Pferd.
Pferde halten. Mit vier Pferden fahren. Die Pferde anspannen. Die Pferde
wechseln, frische Pferde nehmen. Mit untergelegten (d. i. frischen) Pferden
reisen. Ein schönes Pferd reiten. Gut zu Pferde sitzen. Zu Pferde kommen,
geritten. Sich zu Pferde setzen, auf das Pferd steigen. Zu Pferde dienen, unter
der Reiterey. Zu Pferde fechten. Von dem Pferde steigen, absitzen. Das Pferd
satteln. Dahin auch die im gemeinen Leben üblichen sprichwörtlichen R. A. Sich
von dem Pferde auf den Esel setzen, sich oder seinen Zustand verschlimmern. Die
Pferde hinter den Wagen spannen, eine Sache verkehrt anfangen. Einem
geschenkten Pferde muß man nicht in das Maul sehen, dessen Alter zu erforschen,
d. i. ein Geschenk muß man nicht zu genau untersuchen. Pferde, die den Hafer
verdienen, bekommen ihn nicht. Trauwohl ritt das Pferd weg, sagt man, wenn man
von jemanden, in welchen man ein zu großes Vertrauen gesetzt hatte,
hintergangen wird. Auf dem fahlen Pferde betroffen werden, über einer Lügen, in
einem Irrthume betroffen werden, seine Schwäche verrathen; eine R. A. welche
einige, obgleich mit geringer Wahrscheinlichkeit, aus Offenb. 6, andere eben so
gezwungen von Belisario herleiten, welcher in den Schlachten ein fahles Pferd
geritten, und daher leicht von den Feinden erkannt worden. Ingleichen die
Zusammensetzungen, ein Ackerpferd, Dienstpferd, Lehenpferd, Kutschpferd,
Reitpferd, Zugpferd, Postpferd, Handpferd, Sattelpferd, Jagdpferd, Trauerpferd,
Freuden- pferd u. s. f. 2) Figürlich verstehet man unter Pferd zuweilen ein
berittenes Pferd, d. i. das Pferd und seinen Reiter. Ein Commando von hundert
Pferden ausschicken, von hundert Reitern. Mit zehen Pferden kommen, mit zehen
zu Pferde sitzenden Personen. Anm. 1. Bey dem Königshofen Pferit, im Nieders.
Peerd. Der Nahme ist alt, ob er sich gleich in unsern ältesten Denkmählern
nicht findet. Das Lat. Veredus, ein Postpferd, ist genau damit verwandt,
obgleich Festus glaubte, daß es diesen Nahmen daher habe, quia rhedam vehit.
Auch im Arabischen bedeutet Faras ein Pferd, und selbst Persien, welches in der
gelehrten Sprache von Indostan Pharis oder Pharistan heißt, soll seinen Nahmen
daher haben, und so viel als Land der Pferde bedeuten. Wachter und andere
leiten diesen Nahmen von bären, tragen, oder fahren her, weil man doch die
Pferde von den ältesten Zeiten an zu diesen beyden Verrichtungen gebraucht hat.
Allein es scheinet vielmehr die diesem Thiere, besonders in seinem wilden
Zustande eigenthümliche Schnelligkeit der Grund seiner Benennung zu seyn, da
denn das Wort gleichfalls von fahren abstammen würde, doch nur, so fern es sich
schnell bewegen bedeutet. Die gleichbedeutenden Wörter in der Deutschen und
andern Sprachen leiden eine ähnliche Ableitung; wie Roß von reisen, reißen, das
Schwed. Haest von hast, hastig, das Engl. Horse von hurtig, das Schwed. Skjul
von dem Isländ. skiotr, schnell, und unserm schießen, das Lat. Equus, Isländ.
Eikur, Schwed. Ök, Dän. Og, alle in der Bedeutung eines Pferdes, von dem
Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , schnell, hurtig,
das Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , Schwed.
Hoppa, von hüpfen u. s. f. Das e ist in diesem Worte gedehnt, obgleich ein
doppelter Mitlauter folgt, welchen Umstand es mit zart, Quarz, Werth, Vogt,
Trost, stets, Schwert, und hundert andern gemein hat; woraus zugleich erhellet,
daß die Wurzel fahren, oder ein ähnliches Wort mit einem gedehnten Vocale, das
d aber ein bloßer alter Ableitungslaut ist. In vielen der folgenden
Zusammensetzungen bedeutet das mit Pferd - zusammen gesetzte Wort, ein
schlechtes geringeres Ding seiner Art, welches nur für Pferde brauchbar ist,
zum Unterschiede des bessern, dessen sich auch die Menschen bedienen. In andern
hingegen bedeutet es auch das größte seiner Art, (
S. Pferdeameise, Pferdenuß u. s. f.) welches die
Ableitung derer wahrscheinlich macht, welche Pferd, Bär, Farr u. s. f. für
allgemeine Benennungen eines jeden großen Thieres halten. Anm. 2. Pferd ist in
ganz Deutschland der allgemeine Nahme dieses Thieres, welcher dessen Alter,
Geschlecht und übrige Beschaffenheit unentschieden läßt, für welche die
Deutsche Sprache eine Menge eigener Nahmen hat. Ich will die vornehmsten,
veralteten so wohl als noch gangbaren, so wie sie mir einfallen, hier
hersetzen, ohne mich doch bey den eigentlichen Zusammensetzungen wie Zugpferd,
Reitpferd u. s. f. aufzuhalten. Diejenigen, welche von dem Reichthume der
Arabischen und anderer fremden Sprachen aus einem so hohen Tone reden, mögen
sehen, ob sie den Reichthum der Deutschen aufwiegen können. Statt des
allgemeinen Nahmens Pferd sind in einigen Gegenden auch Mahre, Gaul und Roß
üblich, ob sie gleich im Hochdeutschen zuweilen andere Bestimmungen bekommen.
Im Scherze gebraucht man auch zuweilen das aus dem Französischen oder mittlern
Lateine entlehnte Caball. Für Roß sagte man ehedem auch Ors, und in einigen
Niedersächsischen Gegenden, z. B. im Sarerlande und Mecklenburg, heißt ein
jedes Pferd Hest und Hangst, welches mit dem Schwed. Haest, Isländ. Hestr, ein
Pferd, überein kommt. In andern Niedersächsischen Gegenden, z. B. im
Bremischen, ist Page die allgemeine Benennung eines Pferdes. Eben so zahlreich
sind die Nahmen für besondere Umstände. [
725-726] 1) In
Ansehung des Alters. Ein junges noch nicht ausgewachsenes Pferd heißt im Hoch-
und Oberdeutschen ein Füllen, in Niederdeutschland ein Fohlen, in Franken ein
Hankerlein, in andern Gegenden Bickartlein, Heinsel, Heißerle, Hüßchen,
Hutschela, Kudel, Motschele, Statte, Watte, Wuschel. 2) In Ansehung des
Geschlechtes. Ein ungeschnittenes Pferd männlichen Geschlechtes heißt Hengst,
und wenn er zur Fortpflanzung seines Geschlechtes bestimmt ist, Bescheler,
Zuchthengst, Reithengst u. s. f. in Niedersachsen Stötter, Stößer, ehedem in
Baiern auch Maiden. Ein Pferd weiblichen Geschlechtes, Stute, Mutterpferd,
Wilde, Gurre, Kobbel, Mähre, Motsche, Strenz, Struke, Töte. Ein geschnittener
Hengst, Wallach, Meiden, Heiler, Rune, Reuß. 3) In Ansehung der Größe. Bey dem
Dasypodius heißt ein kleines Pferd Bickartlein; in manchen Gegenden ist dafür
Nickel, Grämlein, Schnack, Knuter üblich. 4) In Ansehung der Farbe. Rapp, ein
schwarzes Pferd; Schimmel, ein weißes, mit seinen Abänderungen,
Schwarzschimmel, Rothschimmel, Fliegenschimmel, Apfelschimmel, Spiegelschimmel
u. s. f. Fuchs, ein röthliches Pferd, mit seinen Unterarten, Rechtfuchs,
Lichtfuchs, Schweißfuchs, Rothfuchs; Falbe, ein fahles, und Schecke, ein
geschecktes Pferd. Ein röthliches Pferd, welches aber noch nicht den Nahmen
eines Fuchses verdienet, heißt in Niedersachsen Räutke, von raut, roth. 5) Der
Güte nach. Ein schlechtes, elendes Pferd heißt im gemeinen Leben eine Gurre,
(bey den Schwäbischen Dichtern Gurru,) eine Kracke, eine Mähre, im Nieders.
Zöre, anderwärts Page, Roller, Zagge. Graman kommt im 16ten Jahrhunderte in
Oberdeutschland von einem alten magern Pferde vor, und im mittlern Lat. ist
Mannus ein jedes Pferd. Mähre, welches jetzt nur noch von einem schlechten
Pferde gebraucht wird, war ehedem, wo es March lautete, der Nahme eines Kriegs-
und Paradepferdes, (
S. Marschall.) Roller und Strenz sind im Oberdeutschen
noch hin und wieder gangbare Nahmen eines alten elenden Pferdes, so wie
Tscheker oder Scheker in Liefland. Ein Pferd von der schlechtesten Art heißt in
den alten Baierischen Gesetzen Angarghaco, und ein mittelmäßiges Vulz. Hornegk
gebraucht Runczin, Franz. Roncin, in einigen Oberdeutschen Gegenden noch jetzt
Rung, von einem gewöhnlichen mittelmäßigen Pferde. 6) Dem Gebrauche nach. Ein
nicht zugerittenes Pferd, welches zum gewöhnlichen schnellen Reiten gebraucht
wird, heißt im Hochdeutschen ein Klepper, im Oberd. Rung, im Nieders. Ridder.
Ein gewöhnliches Reitpferd im Nieders. Rittling, im Salischen Gesetze Chanco.
Ein Paradepferd oder Paradeur bey dem Hornegk Pranczel, von prangen. Ein
Turnier- und Kriegspferd im dreyzehnten und vierzehnten Jahrhunderte Raveit,
Runczin, Orz, Ors, Roß, Schwed. Hors. Ein Pferd, welches zum Lasttragen
gebraucht wird, im Oberd. ein Saumer, Saumpferd, Saumroß. Ein Pferd, welches
den Zelt oder Paß gehet, Zelter, Paßgänger. 7) Noch von einigen andern
Umständen. Rammesnäse, Rammeskopp sind Niedersächsische Benennungen eines
Pferdes mit einer krumm gebogenen Bocksnase, Engl. Ramshead, von Ramm, ein
Bock. Einer der Schwäbischen Dichter nennet ein dummes Pferd Muser, Muzer,
vielleicht Matz, Mutz. Wildfang ist ein in der Wildniß auferzogenes noch nicht
gezähmtes Pferd, und ein noch nicht zum Reiten oder Fahren abgerichtetes zahmes
Pferd, heißt in einigen Oberdeutschen Gegenden Strietze. Mengeling ist im
Niederd. ein Pferd, welches von verschiedenen Rassen gefallen ist.
Krippenbeißer, Kopper, Barngrolzer, Kollerer u. s. f. sind mit gewissen
Untugenden behaftete Pferde, wie Speckhals [
727-728]
Schwanenhals u. s. f. Eigenschaften in dem Baue des Körpers bezeichnen. Wer
Lust hat, kann mit ein wenig Mühe dieses Verzeichniß leicht verdoppeln.
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727-728]