2. Ob
, [
553-554] ein Bindewort, welches
überhaupt einen Zweifel, eine Ungewißheit begleitet, und in einer doppelten
Hauptbedeutung üblich ist. 1. Einen eigentlichen Zweifel, eine eigentliche
Ungewißheit zu begleiten, wo es alle Mahl im Nachsatze stehet, und solche
Zeitwörter vor sich hat, auf welche sich die Ungewißheit beziehet. Frage ihn ob
er es gesehen hat. Frage erst, ob er da ist. Siehe zu, ob er es ist. Daß ich
sehe, ob sie noch leben, 2 Mos. 4, 18. Ich frage dich, ob du gehen willst. Es
fragt sich, ob es noch Zeit ist. Wo das es sehr häufig mit dem ob zusammen
gezogen wird. Wer weiß obs wahr ist. Ich weiß nicht, ob ichs thue. Wer weiß
auch ob ich ihm gefalle.
Laß sehn, spricht Galathe, obs auch die meine sey, Gell.
Es kommt darauf an, ob er auch will. Man siehet schon aus
diesen Beyspielen, daß ob nicht schlechterdings den Conjunctiv erfordert. In
dem Gellertschen Beyspiele Laß sehn u. s. f. könnte auch der Indicativ stehen,
obs auch die meine ist. Wird aber die Frage erzählet, so ist der Conjunctiv
unentbehrlich. Man frage ihn, ob er sich wohl befunden habe. Der auch in
einigen andern Fällen nöthig ist, wenn das Ungewisse der Rede ihn erfordert.
Sie mögen aus meiner Bestürzung schließen, ob mir ihr Antrag gleichgültig
gewesen sey, Gell. Wenn nach der ungewissen Sache ihr Gegensatz mit beygefüget
wird, so bekommt derselbe das oder vor sich. Bis er erkennete, ob der Herr zu
seiner Reise Gnade gegeben hätte, oder nicht, 1 Mos. 24, 21. Der Priester soll
es schätzen, obs gut oder böse sey, 3 Mos. 27, 12. Ich weiß nicht, ob ich es
thue oder nicht. Man konnte lange nicht erfahren, ob er gesund oder krank sey.
Die ungewissen Subjecte in dem Nachsatze leiden in der vertraulichen Sprechart
auch eine Ellipse des Zeitwortes. Ja ich weiß nicht, welche sie meinen, ob die
erste oder die letzte, Gell. d. i. ob sie die erste oder letzte meinen. Ich
weiß nicht, wem ich glauben soll, ob dem Magister, oder Lottchen, ebend. Bey
den Dichtern wird statt des oder auch wohl das ob wiederhohlet.
Kurz er blieb ungewiß, wo er mehr Ansehn hätte, Ob in dem
Feld, ob in dem Cabinette, Gell.
Im Nieders. ist diese Wortfügung sehr üblich. Ich weiß nicht,
ob ich warte, ob nicht. Allein, da wird of, oft und ofte auch für oder
überhaupt, ingleichen für entweder gebraucht. Ob dieß, ob das, entweder dieß,
oder das. In der vertraulichen Sprechart dienet ob sehr oft auch ohne ein
vorher gehendes Zeitwort eine Muthmaßung zu begleiten. Ob sich etwa gar krank
werde? Gell. In andern Fällen ist die Auslassung des vorher gehenden Zeitwortes
merklicher. Lassen sie ums gehen, ob wir die Sache sehen oder nicht, d. i. es
ist nichts daran gelegen. Ob wir ihr kaltsinniges Gespräch von der Freundschaft
hören oder nicht, Gell. Ehedem war es sehr üblich, ob vielleicht, oder nur ob
allein für vielleicht daß zu setzen. Schreye zu deinem Gott, ob vielleicht Gott
an uns gedenken wollte, Jon. 1, 6. Laßt uns Buße thun, ob Gott uns möchte
gnädig seyn. In der reinern Schreibart der Hochdeutschen ist dieser Gebrauch
veraltet. 2) Einen möglichen aber doch ungewissen, oder wenigstens noch
künftigen Fall, wo es bey den ältern Oberdeutschen Schriftstellern sehr häufig
für das wenn überhaupt vorkommt. Vbe si daz ne tuont, wenn sie das nicht thun,
Notker. Ob jemand sündiget, so haben wir einen Fürsprecher, 1 Joh. 2, 1. Und ob
ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seyd ihr doch selig, 1 Pet. 3,
14. Im Hochdeutschen ist dieser Gebrauch, den folgenden Fall ausgenommen,
veraltet, daher Ramler ihn wenigstens für die Dichtung, wieder einzuführen
gesucht:
Und ob er auch diesen Triumph verlenkt - So singe du doch u.
s. f.
Und an einem andern Orte:
Ob alle Reisigen aus euren Vesten, Ob eine neue Helene Euch
alle Prinzen aus Lutetiens Palästen Zu Feldherrn sendete;
d. i. wenn auch. Das Nieders. oft, ofte, das alte
Oberdeutsche oba, ibu, das Angels. gif, und Engl. if, bedeuten gleichfalls
wenn. Wir gebrauchen es in der Bedeutung des wenn nur noch in einem doppelten
Falle. 1) In den zusammen gesetzten Bindewörtern obgleich, obschon und obwohl,
(
S. diese Wörter.) 2) Nachdem als, eben als, gleich als,
eine Ähnlichkeit zu bezeichnen, wo alle Mahl der Conjunctiv folgen muß. Es ist
mir, als ob ich zu Rom wäre. Es siehet aus, als ob es regnen wollte. Gerade,
als ob heute ein Festtag wäre. Ich will thun, als ob ich es gesehen hätte. Ich
muß also thun, als ob ich gar nichts wüßte, Gell. Aber warum sehen sie mich so
ängstlich an, als ob sie mich bedauerten? Gell. Wenn sie es erzählen, so wird
mirs so neu klingen, als ob ichs selbst noch nicht wüßte, ebend. Als obs eine
Schande wäre, zu nehmen, was man uns gibt, Weiße. Anm. Bey dem Ulphilas jabai,
jau, gau, im Isidor und bey dem Kero ibu, in dem alten Gesetze der Könige
Ludwigs und Lothars aus der ersten Hälfte des 9ten Jahrhunderts avo, bey dem
Ottfried oba, bey dem Willeram obe, avo, im Nieders. of, oft, ofte, im Isländ.
ef, im Dän. om, im Lat. an. Im Schwed. ist noch If als ein Hauptwort für
Zweifel, und jefwa als ein Zeitwort für zweifeln, muthmaßen, üblich. Bey den
ältern Oberdeutschen Schriftstellern kommt oba auch für daß und ach daß vor.
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555-556]