Nützen
, verb. reg. welches in doppelter Gestalt nützlich ist. I. Als
ein Neutrum, mit dem Hülfswort haben. 1) Brauchbar seyn, als ein Mittel zur
Erreichung der bestimmten Absicht, oder einer Absicht überhaupt, gebraucht
werden können. In diesem Verstande sagt man im gemeinen Leben sehr häufig
verneinender Weise, ein Ding, eine Sache nutze oder nütze nichts, wenn sie zu
der bestimmten Absicht nicht gebraucht werden kann, nicht tauglich ist.
Bejahender Weise, daß Ding, die Sache nutzet, ist es eben so wenig mehr üblich,
als das Nebenwort nütz oder nütze. 2) Nutzen bringen, den Zustand eines Dinges
oder einer Person bey gehörigem Gebrauche vollkommner machen, mit der dritten
Endung der Person. Was nutzet ihm ein Kluger? Hiob 22, 2. Was nutzet es, daß
wir seine Gebothe halten? Mal. 3, 14. Das kann dir viel nützen. Das kann mir
wenig oder nichts nützen.
Was nützt die Feindschaft mir und dir? Willam. Sey stets der
Wahrheit hold, sie nutzt vor tausend Sachen, Haged.
II. Als ein Activum; in welcher Gestalt nutzen üblicher ist
als nützen. 1) * Genießen, als ein Nahrungsmittel oder als eine Arzeney zu sich
nehmen; eine veraltete Bedeutung, welche indessen doch die erste und
eigentlichste ist, auch im Oberdeutschen noch hin und wieder vorkommt. Arzeney
nutzen, d. i. einnehmen, Garten der Gesundh. um 1490. Gebrauchen, als ein
Mittel zur Erreichung einer Absicht anwenden. Ich kann die Sache gut nutzen.
Daß weiß ich nicht zu nutzen. Einen Menschen gut nutzen.
Verräther hasset man, und nutzet Verrath, Haged.
Eine Erfahrung, eine Gelegenheit nutzen. In noch engerer
Bedeutung zuweilen als ein Mittel zur Verbesserung seines Zustan- des anwenden.
Eine Demüthigung, die treu genutzt wird, ist die letzte ihrer Art. 3) Im
engsten Verstande, als ein Mittel zur Erlangung zeitlichen Vermögens, zur
Erlangung des Gewinnes, anwenden. Dieses Landgut kann jährlich auf tausend
Thaler genutzt werden. Der Acker ist auf zehn Thaler zu nutzen. Sein Geld
nutzen, es zu Vermehrung seines zeitlichen Vermögens anwenden. Ein Haus auf
hundert Thaler nutzen. Das Hauptwort die Nützung ist nicht üblich, wohl aber
die Nutzung,
S. solches hernach besonders. Anm. Dieses alte Zeitwort
lautet, besonders in der thätigen Form, bey dem Ulphilas niutan und ganiutan,
der es auch für nehmen gebraucht, bey dem Ottfried ginuzzen, bey welchem es für
genießen vorkommt, im Nieders. nutten, benutten, im Angels. notian, nyttian, im
Schwed. njuta. Es scheint das Intensivum oder Frequentativum von nießen,
genießen, Nieders. neten, zu seyn; wenigstens ist es mit demselben sehr genau
verwandt, indem es bey den ältern Schriftstellern für genießen, gebrauchen
überhaupt vorkommt. Das Lat. uti unterscheidet sich bloß durch den Mangel des
zufälligen Anfangs N. Es hat ursprünglich essen bedeutet, und im Neutro eßbar
seyn, in welchem Verstande noch genießen zuweilen vorkommt. Im Oberdeutschen
lautet auch das Neutrum beständig nutzen. Der Analogie nach von tränken und
trinken, senken und sinken, hängen und hangen u. s. f. sollte das Neutrum
nutzen, das Activum aber nützen lauten. Allem im Hochdeutschen werden beyde
ohne Unterschied gebraucht, obgleich in der thätigen Form das breitere nutzen
üblicher ist. [
547-548]