Mächtig
, [
9-10] -er, -ste, adj. et adv. Macht
habend. 1. Groß; von einer längst veralteten Bedeutung des Wortes Macht. 1)
Eigentlich, von der körperlichen Ausdehnung; ein nur noch im gemeinen Leben
übliches Wort, welches in dieser Bedeutung mit dem veralteten michel, und dem
verwandten Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image -
überein kommt. Sie sunken unter wie Bley im mächtigen Wasser, 2 Mos. 15, 10.
Ein mächtiger Berg. Vorzüglich ist es in diesem Verstande noch im Bergbaue
üblich, wo es, wenn es von Gängen gebraucht wird, so viel als breit, von
Flötzen oder horizontalen Erd- und Steinlagen aber so viel als dick bedeutet.
Der Gang ist zwey Lachter mächtig, d. i. breit. Das Sandflötz ist hier vier
Lachter mächtig, d. i. dick. Ein zwey Zoll mächtiges Schieferflötz. Daher die
Mächtigkeit, bey Gängen, ihre Breite, bey Flötzen aber, ihre Dicke. 2)
Figürlich, wo es noch im gemeinen Leben häufig gebraucht wird, so wohl eine
große Menge, als auch intensive einen großen Grad der innern Stärke zu
bezeichnen, für viel und sehr, wo es gemeiniglich als ein Nebenwort andern
Beywörtern vorgesetzet wird. Ein mächtig großes Haus. Mächtig viel Geld.
Mächtig schön. Mächtig reich seyn. Er bildet sich mächtig viel ein. Die mächtig
große Höhe, Sir. 43, 1. In dieser Bedeutung ist es schon alt. Mahtigen wol,
heißt es schon bey dem Willeram für sehr wohl. Auch das Lat. valde ist auf
ähnliche Art von valere, mögen, vermögen, gebildet. Zuweilen auch als ein
Beywort für sich allein. Ein mächtiges Haus. Aber Amyntas sahe den mächtigen
Segen in seiner Herde, Geßn. Eine mächtige (zahlreiche) Menge Volkes, 1 Macc.
5, 30. Ein mächtiges Heer, ein zahlreiches, Ezech. 38, 15. In welcher Bedeutung
der Anzahl es zugleich mit Menge verwandt ist,
S. 2. Macht. 1. 2) (b). 2. Kraft, Vermögen habend, etwas
zur Wirklichkeit zu bringen. 1) Physisches oder natürliches Vermögen habend;
eine größten Theils veraltete Bedeutung. Der Löwe ist mächtig unter den
Thieren, Sprichw. 30, 30. Das Feuer war mächtig im Wasser über seine Kraft,
Weish. 19, 19. Ehedem sagte man, eine mächtige Arzeney, für sehr kräftige, sehr
wirksame. Zuweilen kommt es noch figürlich für sehr wirksam, sehr kräftig vor.
Ein mächtiger Einwurf. Ihr feuriger Blick schießt mächtige Strahlen umher,
Zachar. 2) Viele äußere Hülfsmittel habend, seine Absichten zu erreichen. Ein
mächtiger Freund, welcher vieles in das Werk richten kann, weil er vielen
Einfluß auf andere hat. Ein mächtiger Minister. Er ist mir zu mächtig geworden.
Besonders in Rücksicht auf die vielen zum Angriffe oder zur Vertheidigung
geschickten Personen. Ein mächtiger Feind. Ein mächtiger König. Ein mächtiges
Reich. (
S. Großmächtig.) In engerer Bedeutung, überlegene Macht,
überlegene Gewalt über andere in einzelnen Fällen habend; wo man es am liebsten
mit der zweyten Endung des Haupt- oder Fürwortes verbindet, welche alsdann das
Vorwort über vertritt.
Wir beyde werden doch wohl ihrer mächtig seyn, Rost.
d. i. sie überwältigen können. Ich kann seiner nicht mächtig
werden. Die Frau ist ihres Mannes mächtig, wenn sie die Herrschaft über ihn
hat. Seiner Sinne nicht mächtig seyn. Er war vor Wuth seiner selbst nicht
mächtig. Da war ich meiner Liebe nicht mehr mächtig. Nicht eines Hällers
mächtig seyn, nicht Gewalt haben, ihn nach Gutdünken anzuwenden. Einer Sprache
mächtig seyn, figürlich, sie in seiner Gewalt haben, d. i. alles was man will,
in derselben ausdrücken können. 3) Von der Freyheit, dem Rechte, dem Befugnisse
etwas zu vollziehen, ist es nur in dem zusammen gesetzten eigenmächtig üblich.
Anm. Bey dem Notker mahtig, bey dem Ulphilas mahteiga, im Angels. mihtig, im
Engl. mighty, im Schwed. mägtig, im Dän. und Nieders. mägtig. Das alte
Oberdeutsche Nebenwort mächtiglich, für mächtig, welches noch Es. 28, 2
vorkommt, ist im Hochdeutschen veraltet. [
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