2. Liefern
2. Liefern,
[
2065-2066] verb. reg. act. welches ehedem
überhaupt geben, hinhalten, reichen, bedeutete, aber jetzt nur noch in engerer
Bedeutung gebraucht wird, in jemandes Gewahrsam oder Besitz überantworten,
besonders von Dingen, welche nicht unmittelbar mit der bloßen Hand allein
übergeben werden. 1. Eigentlich. Die Bauern haben die erhaschten Ausreißer in
die Festung geliefert. Einen Übelthäter an die Obrigkeit liefern, ihn der
Obrigkeit ausliefern. Die Getreidezinsen nach der Stadt liefern, dem Zinsherren
einliefern. Besonders für Geld, für Bezahlung in den Besitz eines andern
bringen. Das Brot oder Mehl für die Armee liefern. Die Lebensmittel, allerley
Waaren für den Hof liefern, sie für Geld herbey schaffen. Personen, welche
besonders dazu angenommen werden, werden mit einem entlehnten halb Lateinischen
Worte Lieferanten genannt. Ich liefere (schaffe) den Zentner für zehn Thaler.
Der Handwerksmann hat die versprochenen Arbeiten doch nicht geliefert, fertig
überantwortet. 2. Figürlich. 1) Eine Schlacht liefern, dem Feinde ein Treffen
liefern, eine Schlacht, ein Treffen mit ihm halten. 2) Er ist geliefert, er ist
verloren, es ist um ihn geschehen, er ist ein Kind des Todes. Daher die
Lieferung in der eigentlichen Bedeutung, so wohl die Überantwortung, als auch
die gelieferte Sache, besonders so viel als auf Ein Mahl geliefert, oder
abgeliefert wird; ingleichen das Recht, die Verbindlichkeit etwas für Geld zu
liefern. Die Lieferung thun, haben, berechtiget und verbunden seyn, etwas für
die Bezahlung zu liefern. Ingleichen der Lieferschein, eine Bescheinigung über
eine geschehene Ablieferung. Anm. Im Nieders. levern, im Dän. levern, im
Schwed. lefwerera, im mittlern Lat. liberare, im Franz. livrer. Es ist das
Intensivum oder Frequentativum von dem noch im Nieders. üblichen leven, bey dem
Ottfried liuuun, geben, übergeben, reichen, welches im Angels. laevan,
belaevan, im Engl. to allow, und bey dem Ulphilas lewjan lautet. Der letzte
gebraucht es in der Stelle Matth. 5, 39: so dir jemand einen Streich gibt auf
deinen rechten Backen, dem liefere den andern auch, für darbiethen. Es stammet
aller Wahrscheinlichkeit nach von dem im Deutschen veralteten, aber noch im
Wallisischen üblichen Llav, die Hand, her, so wie geben, von einem ähnlichen
Gab, Gaff, herkommt.
S. Erlauben und Glaube. [
2065-2066]