3. Das Lied
3. Das Lied,
[
2063-2064] des -es, plur. die -er,
Diminut. Liedchen, im Plural auch wohl Liederchen, Oberd. Liedlein. 1) In der
eigentlichsten und weitesten Bedeutung, alles was gesungen wird, melodisch
hervor gebrachte Töne; in welcher Bedeutung, doch nur in der höhern Schreibart,
die melodischen Töne mancher Vögel ein Lied oder Lieder genannt werden. Die
Nachtigall singt ihr zärtliches Lied. 2) In engerer Bedeutung, ein jedes zum
Singen bestimmtes Gedicht. Das hohe Lied Salomonis. In dieser Bedeutung pflegt
man nur noch in der dichterischen Schreibart ein jedes Gedicht zuweilen ein
Lied zu nennen. 3) In noch engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, ein zum Singen
bestimmtes Gedicht, welches Empfindungen schildert, besonders wenn es in
Strophen abgetheilet ist, welche insgesammt nach Einer Melodie gesungen werden
können; zum Unterschiede von einer Ode, einem Psalme u. s. f. Ein geistliches
Lied, welches auch in engerer Bedeutung ein Gesang, Nieders. ein Salm, genannt
wird. Ein weltliches Lied. Das Schäferlied, Heldenlied, Trinklied,
Hochzeitlied, Siegeslied, Loblied, Morgenlied u. s. f. Davon kann ich auch ein
Liedchen singen, figürlich, ich habe solches auch erfahren. Das ist das Ende
vom Liede, das ist der Beschluß, der letzte Ausspruch, wobey es bleiben soll;
wofür man im geschmacklosen Scherze auch wohl umgekehrt sagt, das ist das Lied
vom Ende. Anm. Bey dem Ottfried und Notker Lied, bey andern Lioth, im Nieders.
Leed, im Isländ. Liod, im mittlern Lat. Leudus. Gottsched leitete es von dem
vorigen Lied, Glied, her, weil es aus Strophen, als so vielen Gliedern und
Gelenken bestehe. Allein es ist wohl unstreitig, daß es zu dem Geschlechte der
Wörter laut, Laute, lauten u. s. f. gehöret, und überhaupt den melodischen
Klang der Stimme ausdruckt. Bey dem Ottfried heißen daher Lieder im Plural noch
Ludila, und das Isländ. Liod bedeutet auch die Musik überhaupt.
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2063-2064]