2. Lesen
2. Lesen,
[
2033-2034] verb. irreg. act. et neutr.
welches im letztern Falle das Hülfswort haben erfordert, in der Conjugation
aber mit dem vorigen völlig überein kommt. Es bedeutet, 1. eigentlich, laut
hersagen, oder hersingen; eine größten Theils veraltete Bedeutung, welche sich
nur noch in dem Ausdrucke Messe lesen in der Römischen Kirche erhalten hat.
Ehedem war sie häufiger, denn da war lehren und lesen einerley; indem beyde
eigentlich den lauten Schall ausdrucken, r und s aber in allen Sprachen sehr
leicht in einander übergehen. Kero gebraucht für lesen noch leran, dagegen bey
dem Ulphilas laisjan lehren bedeutet. Das Franz. lire, lesen, nous lisons, wir
lesen u. s. f. hat beyde Formen beybehalten. Das Schwed. läsa bedeutet
gleichfalls hersagen, und sein Gebeth lesen ist daselbst so viel als es bethen.
Auf den hohen Schulen Deutschlandes ist es noch im engern Verstande für lehren,
eine Lehrstunde halten, üblich. Ein Collegium lesen. Die Theologie, die
Weltweisheit lesen, d. i. lehren. Mit vielem Beyfalle lesen. Heute wird nicht
gelesen. Das Lat. legere wurde in den mittlern Zeiten auf eben diese Art
gebraucht. Indessen kann es seyn, daß beyde in dieser Bedeutung eine Figur
sind, welche von dem ehemahligen Vorlesen der Lehrer im eigentlichsten
Verstande entlehnet ist. 2. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, die
willkührlichen Zeichen der Worte und Gedanken kennen, durch vernehmliche Töne
aussprechen, und in weiterer Bedeutung, sie sich deutlich vorstellen, sie
gleichsam stille für sich aussprechen. 1) Eigentlich. Deutsch, Lateinisch,
Griechisch, Hebräisch lesen können. Das Kind lernt erst lesen. Verstehest du
auch, was du liesest? In einem Buche, in der Bibel lesen. Ein Buch lesen. Ich
muß das Buch erst zu Ende lesen. Einen Brief lesen. Ich will ihnen den Brief
lesen, d. i. vorlesen. Einem den Text, den Leviten, das Kapitel lesen, ihm
einen derben Verweis geben. (
S. Kapitel und Levit.) Etwas mit lauter Stimme lesen. 2)
Figürlich. (a) Den Planeten lesen, aus dessen Stellung unbekannte Dinge
muthmaßen und schließen. (b) Dieser Gram, den ich in ihrem Gesichte lese, aus
ihren Gesichtszügen erkenne. Ich las in seinen Mienen alles, was er dabey
dachte. Ich werde zwar Mitleiden in seinen Augen lesen, aber ein verachtendes
Mitleiden. Daher die Lesung, welches doch in den Zusammensetzungen häufiger
ist, als in dem einfachen Zeitworte. Anm. In der ersten engern Bedeutung bey
dem Kero kalesan, bey dem Ottfried lezan, im Dän. läse, im Schwed. läsa, im
Epirotischen liexune, im Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe
Image - , welches auch sagen bedeutet, und im Lat. legere.
S. das vorige. [
2033-2034]