Leicht
Leicht,
[
2001-2002] -er, -este, adj. et adv.
welches dem schwer entgegengesetzet ist, und im eigentlichsten und schärfsten
Verstande nur von solchen Körpern gesagt werden könnte, welche den Mittelpunkt
der Schwere gleichsam von selbst zu fliehen scheinen. Aus dieser Ursache nennt
man die Dünste, das Feuer, eine Feder u. s. f. leicht. Allein, da es
dergleichen völlig leichte Körper in der Natur nicht gibt, so ist dieses Wort
nur ein beziehender Ausdruck, diejenige Eigenschaft eines Körpers zu
bezeichnen, da er einen geringern Grad der Schwere hat, oder mit weniger
Empfindung der Mühe von dem Schwerpuncte entfernet werden kann, als ein anderer
ähnlicher, oder als ein anderer von eben derselben Größe. 1. Eigentlich. In
diesem Verstande sagt man ein Stein sey schwer, das Holz aber leicht, weil eine
gleich große Masse von diesem mit weniger Mühe gehoben werden kann, als von
jenem. Am häufigsten ist die Empfindung der Mühe der Maßstab, welcher das
Schwere und Leichte bestimmet. Eine leichte Bürde. Einem eine Last leicht
machen. So leicht wie eine Feder. In etwas engerer Bedeutung, leichter als sich
gebühret. Leichte Ducaten. Der Louis d'or ist um vier Aß zu leicht. Leichtes
Geld, auch im weitern Verstande, welches nicht von dem gehörigen Gehalte ist.
Leichtes Gewicht, welches leichter als gehörig ist; ingleichen ohne diesen
Nebenbegriff, ein Gewicht, welches leichter ist, als ein anderes eben derselben
Art. So wird das Kramergewicht an einigen Orten leichtes Gewicht genannt, weil
das Pfund von diesem Gewichte um einige Loth leichter ist, als das so genannte
schwere oder Fleischergewicht. 2. Figürlich. 1) Ein leichtes Kleid, eine
leichte Kleidung, welche aus dünnerm Zeuge verfertiget ist, oder wozu weniger
Zeug als gewöhnlich genommen worden. Leicht gekleidet gehen. 2) Das Herz wird
uns leicht, wenn es von einem großen Grame, von einer großen Sorge oder Furcht
befreyet wird; im Gegensatze des schwer. 3) In Rücksicht auf die zur Bewegung
erforderliche Mühe. (a) Wozu wenig Mühe, wenig Anstrengung, wenig Überwindung
erfordert wird. Das ist leicht zu sagen, leicht zu thun, leicht zu begreifen,
leicht zu errathen im Oberd. ohnschwer. Eine leichte Kunst, eine leichte Sache.
Das ist mir ein Leichtes. Das wird mir leicht, fällt mir leicht, kommt mir
leicht an. Das kann ich ihnen leicht sagen, das kann ich leicht thun. Es wird
ihm leichter werden, uns zu verlassen, als wir denken. Da ich ihn kenne, so ist
es mir leicht, seine Gesinnung zu errathen. Der Weg zu uns ist nicht so leicht
zu gehen, Gell. Eine leichte Schreibart, welche leicht zu verstehen ist. Ein
leichtes Gedicht. Eine leichte Sprache, welche leicht zu erlernen ist. Dazu
kannst du leicht kommen, ohne viele Mühe. (b) Was wenig Zwang, wenig
Anstrengung verräth, doch oft mit dem folgenden Nebenbegriffe der
Geschwindigkeit. Eine leichte Stimme, in der Musik, welche wenig Zwang
erfordert und verräth. Ein leichter Pinsel, eine ungezwungene, kühne und
fertige Hand des Mahlers. Eine leichte Manier, im Gegensatze der mühsamen,
gezwungenen. 4) In Rücksicht auf die zur Bewegung erforderliche Zeit, ohne doch
den Nebenbegriff der geringern Mühe auszuschließen. (a) Leich auf den Füßen,
leicht von Füßen seyn, sich mit geringer Mühe schnell bewegen können. Sehr
leicht tanzen. Die leichte oder leicht bewaffnete Reiterey, im Kriegswesen, im
Gegensatze der schweren oder schwer bewaffneten. Von Schenkeln leicht, schön
von Gestalt, Gell.
Sanft spielt ein leichter Wind auf dem vergoldten Teich,
Willam.
Wie leicht vergessen sie etwas! wie bald. (b) Besonders als
ein Nebenwort allein. Er wird leicht zornig, bald, und ohne große Reitzung zu
bedürfen. Cajus wird so leicht nicht böse. Das kann leicht kommen, leicht
geschehen, ist sehr wohl mög- [
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leicht denken, daß mir alle Gelassenheit verging. Das Geld gibt sich leicht
aus. Nach einer noch weitern Figur ist nicht leicht zuweilen so viel als sehr
selten. Eine so edle Liebe habe ich nicht leicht unter zwo Schwestern gesehen,
Gell.
Schlau war er, listig, und verschlagen, Und gab nicht leicht
was Alberns an, Bernh.
Da es denn im gemeinen Leben häufig versetzt wird. Ihr dürft
mir leicht etwas geben, so thue ichs, wenn ihr mir nur etwas gebet, so soll es
mir nicht schwer ankommen, es zu thun. Man mag mir leicht ein gutes Wort geben,
so verrathe ich alles. 5) Oft bezeichnet es intensive einen geringen Grad der
innern Stärke überhaupt; gleichfalls im Gegensatze des schwer. Ein leichter
Schmerz, eine leichte Empfindung, eine leichte Strafe. Eine leichte Mühe. Das
läßt sich mit leichter Mühe thun. 6) Leichtsinnig, unbeständig; doch nur im
gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, wo es auch für leichtfertig gebraucht
wird. Er ist sehr leicht, d. i. leichtsinnig, unbeständig. Anm. Bey dem
Ottfried liht, bey dem Willeram lihto, im Angel. leoht, im Nieders. licht, im
Engl. light, im Wend. lohak, im Böhm. lehky. Andere Sprachen und Mundarten
kennen den Hauchlaut in diesem Worte nicht, wie das Schwed. lätt, Dän. lät,
Isländ. liettr, und Wend. lieden. Es scheinet zunächst den Begriff der
Geschwindigkeit zu haben, und zu dem Geschlechte der Wörter locker, Flocke,
flackern, fliehen, leise u. s. f. zu gehören, ohne das Lat. levis, levare, so
wie das Niederdeutsche liften, von der Verwandtschaft auszuschließen, weil der
Übergang der Hauch- und Blaselaute in einander etwas sehr gewöhnliches ist.
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2003-2004]