Der Kunstrichter
Der Kunstrichter,
[
1835-1836] des -s, plur. ut nom. sing.
eine Person, welche ein Geschäft daraus macht, die Producte der freyen oder
schönen Künste, welche vorzüglich Künste genannt werden, zu beurtheilen. In
weiterer Bedeutung, ein jeder, welcher die gelehrten Arbeiten beurtheilet, oder
zu beurtheilen unternimmt. Eine solche Person weiblichen Geschlechtes könnte
man auch eine Kunstrichterinn nennen. Man hat dieses Wort in den neuern Zeiten
und vermuthlich erst in dem gegenwärtigen Jahrhunderte eingeführet, das Griech.
Kritikus auszudrucken, ungeachtet dieses zunächst einen Verbesserer der alten
Schriftsteller bedeutete. Schottel zu dessen Zeit Kunstrichter noch nicht
bekannt war, brachte dafür Sprachrichter und Klügelmeister in Vorschlag, welche
letztere Benennung vielen unserer heutigen so genannten Kunstrichter vollkommen
angemessen seyn würde, so wie die Abstammung des Griechischen -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - einen andern hervor stehenden Zug
ihres Charakters sehr treffend ausdruckt. Denn daß dieses mit dem Nieders.
Kreet, Krit, Zank, Streit, Hader, kriten, schreyen, zanken, Kritteler, ein
Zänker u. s. f. verwandt sey, haben schon andere eingesehen. Die abgeleiteten
kunstrichtern, kunstrichterlich, Kunstrichterey u. s. f. lassen sich wohl im
Scherze und im verächtlichen Verstande gebrauchen, aber für die edle ernsthafte
Schreibart schicken sie sich nicht. [
1835-1836]