Die Kolbe
Die Kolbe,
[
1689-1690] plur. die -n, oder der Kolben,
des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Kölbchen, Oberd. Kölblein, im gemeinen
Leben Kölbel, ein Wort, welches überhaupt den Begriff der Ründe, und besonders
einer kurzen dicken Ründe hat, und so wohl einen dicken rundlichen Theil, als
auch einen damit versehenen Körper bezeichnet. 1) Ein dickes rundliches Stück,
so wohl allein für sich betrachtet, als auch in so fern es sich an einem andern
Körper befindet. So wird der dickere rundliche Theil an einer Keule, der
dickere Theil eines Schießgewehres, vermuthlich so fern er sich ehedem mehr der
runden Gestalt näherte, und welcher auch der Anschlag heißt, die Kolbe oder der
Kolben genannt. Der Kopf an Menschen, besonders ein glatter geschorner Kopf,
heißt im gemeinen Leben mehrmahls die Kolbe. Daher die niedrige figürliche R.
A. einem Narren die Kolbe laufen, ihn durch Schläge zur Vernunft bringen, weil
die erklärten Narren vom Handwerke schon von alten Zeiten her geschorne Köpfe
trugen. So fern man auch sagt, einen Narren mit Kolben laufen, gehöret es zur
folgenden Bedeutung einer Keule. Auch der glatte dicke Kopf eines Bockes ohne
Hörner heißt die Kolbe, und ein solcher Bock, der von Natur keine Hörner hat,
ein humliger oder kolbiger Bock, Kolbenbock. Die Griechen nannten ihn
-
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - in der Lakonischen Mundart
-
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Bey den Jägern wird das
junge, weiche, noch nicht verendete Geweih der Hirsche die Kolben genannt; (
S. Kolbenhirsch). An den Haaren sind die Kolben die
dickern Wurzeln derselben, mit welchen sie in der Haut befestiget sind. Die
büscheligen Samenähren einiger Arten der Hirse heißen Kolben, zum Unterschiede
von den zotigen Rispen anderer Arten. Die walzenförmigen Kätzchen gewisser
Schilfgewächse führen den Nahmen der Kolben, welchen auch diese Gewächse selbst
bekommen; dergleichen die Kohrkolbe, Narrenkolbe, Teichkolbe, oder Wasserkolbe,
Typha L. und die Igelskolbe, Sparganium L. ist. Im Hüttenbaue heißt das Ende
des Tragerstämpels, welcher in das Bühnloch geleget wird, der Kolben. Auf den
Eisenhämmern führen diesen Nahmen diejenigen Stücke Eisen, aus welchen das
Stabeisen geschmiedet wird, und auf den Blechhämmern werden die eine halbe Elle
langen viereckigen Stücke Stäbe Eisen, welche aus den Deulen (Theilen) und
Stürzen geschmiedet werden, und welche der Kölbelaufheber unter den Zainhammer
bringt, sie breit zu schmieden, Kölbel genannt. Bey den Uhrmachern ist der
Kolben die kegelförmige Spitze an dem Kolbenzirkel. In der Geschützkunst ist es
der gedrechselte dickere Theil an dem Setzer, dem Wischer und der Ladeschaufel;
anderer Fälle zu geschweigen. 2) Ein mit einem solchen dickern, gemeiniglich
rundlichen Ende versehenes Ding oder Werkzeug. So wurde eine Keule ehedem
häufig ein Kolben genannt, (
S. Streitkolben und Kolbenrecht). Bey dem Ottfried
Kolbon, in den Monseeischen Glossen Cholpo, im mittlern Lat. Colum, im Nieders.
Kulf, im Schwed. Kolf, im Isländ. Kylfa, im Dän. Kolle. An einigen Orten haben
die Schäfer und Hirten noch jetzt Kolben, d. i. dicke Stecken mit einem Kolben,
oder rundlichen gebogenen Knollen am Ende, sich damit gegen den Wolf zu wehren.
Jemanden mit der Kolbe laufen, in den niedrigen Sprecharten, ihn durchprügeln.
Bey den Saug- und Druckwerken ist der Kolben ein eiserner Bolzen mit einem
Ringe, die Zugstange daselbst anzumachen. Eben daselbst wird auch das runde
Klötzchen mit Löchern auf den Seiten, auf welches die Scheiben- und Pumpenleder
gelegt werden, ehe man es an die Zugstange schraubet, der Kolben genannt. Er
passet in die Kolben- oder Stiefelröhre, und verrichtet eigentlich den Druck
des Wassers. Dasjenige kolbige Holz, womit in den Schmelzhütten der Herd derb
gestoßen wird, heißt ein Kolben. Bey den Büchsenmachern sind die Kolben
Cylinder von Holz, Bley oder Eisen, womit der Lauf eines Gewehres inwendig
gekolbet, d. i. geglättet wird. Ihr gespaltener Kolben, hat wenig
kolbenähnliches, sondern gleicht eher einer Gabel, dienet aber doch zu eben
demselben Endzwecke. In der Chymie werden Gläser oder Gefäße mit einem runden
Bauche und engen Halse Kolben genannt, dahin der Brennkolben oder
Destillirkolben, der Scheidekolben und andere mehr gehören. Im Oberdeutschen
wird auch eine Kalbskeule oder Hammerkeule ein Kalbskolben und Schöppskolben
genannt. Anm. Im gemeinen Leben nur Kolm. Der Begriff der Ründe ist auch in
diesem Worte der herrschende, daher es mit Keule, Kugel, in den gemeinen
Sprecharten Kaule, und andern zu einem und demselben Geschlechte gehöret. (
S. Kolatsche, Kollern, Kugel, Welle und Wälzen.) Im
Hochdeutschen wird dieses Wort sowohl im männlichen als weiblichen Geschlechte
gebraucht. Doch kommt es in der ersten Bedeutung mehr im weiblichen, in der
zweyten aber mehr im männlichen vor. [
1691-1692]