Hungern
Hungern,
[
1327-1328] verb. reg. neutr. welches das
Hülfswort haben erfordert, Hunger empfinden. 1. Eigentlich, wo es auf doppelte
Art gebraucht wird. 1) Als ein unpersönliches Zeitwort, mit der vierten Endung
der Person. Es hungert mich. Es hat uns sehr gehungert. Uns hungert noch nicht.
Mich hungert nach Brot. Da sie hungerte, Nehem. 9, 15. Hungert deinen Feind, so
speise ihn, Kap. 25, 21. 2) Als ein persönliches Zeitwort, mit der ersten
Endung der Person, freylich nicht auf die beste Art. Ich hungere. Wir
hungerten. Sie werden weder hungern noch dürsten, Es. 49, 10. 2. In weiterer
Bedeutung, Hunger leiden, ausstehen, nicht essen. Wir haben den ganzen Tag
gehungert, d. i. nichts gegessen. Selig seyd ihr, die ihr hie hungert, Luc. 6,
31, d. i. allerley Mangel ertraget. Sich reich hungern wollen. Wenn mir etwas
fehlet, so hungere ich, Gell. Er soll hungern, nichts essen. 3. Figürlich. 1)
Ein heftiges Verlangen nach etwas empfinden, besonders im theologischen
Verstande; als ein unpersönliches Zeitwort. Selig sind, die da hungert und
dürstet nach der Gerechtigkeit, Matth. 5, 6. 2) Mangel an etwas leiden. mit
dessen lebhaften Empfindung; gleichfalls nur in der biblischen Schreibart, und
als ein persönliches Zeitwort. Die Reichen müssen hungern, Ps. 34, 11. Ihr aber
sollt hungern, Es. 65, 13. Anm. Bey dem Notker hungeren, bey dem Ulphilas
huggrian, (sprich hungrian,) im Angels. hungrian, im Engl. to hunger, im
Schwed. hungra. Frisch und Haltaus lassen dieses Wort auf eine seltsame Art von
Hund und Gier abstammen, so daß Hunger eigentlich eine hündische Begierde
bedeuten müßte. Allein da es im Schwed. eigentlich verlangen überhaupt bedeutet
hat, so leitet Ihre es weit wahrscheinlicher von dem Gothischen hunjan,
verlangen, ab, von welchem es bloß das Intensivum ist, und welches hunjan
entweder zu unserm hängen gehöret, von welchem noch Hang in einer ähnlichen
Bedeutung gebraucht wird, oder auch zu dem alten Hug, das Gemüth, die Begierde,
das Verlangen.
S. Behagen. [
1327-1328]