Der Hofmeister
Der Hofmeister,
[
1247-1248] des -s, plur. ut nom. sing.
Fämin. die Hofmeisterinn, der Meister, d. i. erste und vornehmste Vorgesetzte
eines Hofes, wo es nach Maßgebung dieses Wortes in verschiedenen Bedeutungen
üblich ist. 1) So ferne Hof ein Landgut, es sey ein Bauergut oder freyes und
adeliges Gut, bedeutet, ist in einigen Gegenden, z. B. in Obersachsen, der
Hofmeister, derjenige, welcher gegen seinen jährlichen Lohn die Wirtschaft
eines solchen Gutes im Nahmen des Besitzers führet und berechnet, der
Vorgesetzte des Gesindes. An andern Orten wird er Meyer, Hofmeyer, Feldvogt,
Vogt, Schaffner, Schirrmeister, Statthalter u. s. f. genannt. Die
Hofmeisterinn, dessen Frau, oder auch eine besondere Vorgesetzte der Mägde
eines Gutes, da sie denn auch Meyerinn, Hofmeyerinn, Käsemutter, Viehmuhme u.
s. f. heißt. Daher die Hofmeisterey, dessen Wohnung. Auch in größern
Wirtschaften gibt es Hofmeister höherer Art. Von der Art ist der Hofmeister des
Erzstiftes zu Wien, welcher nebst dem Grundbuchshändler vermuthlich die
Landgüter des Stiftes zu verwalten hat. 2) Von Hof, ein Gerichtshof, besonders
ein Hofgericht, führet der Hofrichter, an einigen Orten, z. B. in dem
Hofgerichte in Preußen, den Nahmen eines Hofmeisters. 3) So fern Hof, die
Haushaltung eines regierenden Herren, mit Einschluß der Hofleute und
Hofbedienten bedeutet, ist der Hofmeister und an großen Höfen der Ober- oder
Oberst-Hofmeister, einer der ersten Hofbedienten, welcher die Aufsicht über den
ganzen, oft aber auch nur über den weiblichen Hofstaat hat. Potiphar war der
Hofmeister des Königes Pharao, 1 Mos. 37, 36; Ahisar des Salomo, 1 Kön. 4, 6.
Die Hofmeisterinn, oder Ober-Hofmeisterinn, dessen Gattin; zuweilen auch die
oberste Vorgesetzte eines weiblichen Hofes, oder der weiblichen Hofbedienten.
An kleinern Höfen führet der Hofmeister den Nahmen eines Hausmeisters; an
größern aber hat man auch Großhofmeister, Landhofmeister, Erdhofmeister,
Haushofmeister u. s. f. Ehedem wurden sie auch Hausmeyer, Hofmeyer und bey den
Fränkischen Königen Majores Domus, Provisores Aulae, Magistri Palatii u. s. f.
genannt. 4) Ein Vorgesetzter, welcher die Aufsicht über das sittliche Betragen
anderer hat. Wer Gewalt übet im Gericht, der ist eben als ein Hofmeister, der
eine Jungfrau schändet, die er bewahren soll, Sir. 20, 4. 5) Der Vorgesetzte
der Kinder eines Hauses, welchem so wohl der Unterricht derselben, als auch die
Bildung ihrer Sitten oblieget, führet im gemeinen Leben häufig den Nahmen eines
Hofmeisters; in der anständigen Sprechart, ein Hauslehrer. Es kann seyn, daß
Hofmeister in dieser Bedeutung von der vorigen entlehnet ist, so daß man von
derselben nur den Begriff eines Vorgesetzten behalten hat. Allein es scheinet
wahrscheinlicher, daß Hof in dieser Bedeutung zu dem im Deutschen veralteten
noch im Schwedischen üblichen Hof, gute Art, Anstand, gute Sitten, gehöret,
weil doch die vornehmste Beschäftigung eines solchen Hofmeisters in der Bildung
der Sitten und des Betragens besiehet, oder doch bestehen sollte, derselbe auch
in vielen Fällen noch von einem Informator oder Hauslehrer im engsten Verstande
verschieden ist. Über dieß wird dieses Wort auch zuweilen im figürlichen
Verstande von einem jeden Sittenrichter gebraucht, welche Bedeutung auch in den
beyden folgenden Wörtern die herrschende ist.
S. Behuf, 1. und 2. Höflich, und hübsch.
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1247-1248]