Hauen
Hauen,
[
1003-1004] verb. irreg. act. Präs. Ich
haue, du hauest, er hauet, (nicht häuest, häuet;) Imperf. ich hieb, du hiebest
oder hiebst, er hieb; Mittelw. gehauen; Imperat. haue. 1) Eigentlich,
wenigstens in der gemeinsten und häufigsten Bedeutung, mit der Schärfe eines
schneidenden Werkzeuges schlagen, und dadurch verletzen. Mit der Art, mit dem
Degen, mit der Sense nach jemanden hauen. Jemanden in das Gesicht hauen. Er ist
gehauen worden, d. i. auf solche Art verwundet worden, zum Unterschiede von dem
Stechen. In Stücke, zu Stücken hauen. Einem Ast von dem Baume hauen. Mit dem
Degen in das Pflaster hauen. Jemanden krumm und lahm hauen. Über die Schnur
hauen, figürlich, nach einem von den Holzarbeitern entlehnten Bilde, das
gehörige Maß überschreiten. Sprichw. Es ist weder gehauen noch gestochen, es
ist weder halb noch ganz. Das ganze Regiment wurde in der Schlacht in die
Pfanne gehauen, figürlich und im gemeinen Leben, nach einem von den Köchen
entlehnten Bilde, es wurde nieder gehauen. Sich durch die Feinde hauen, sich
durch Hauen Platz machen. Figürlich für abhauen, in einigen Fällen. Holz hauen,
im gemeinen Leben zuweilen für Holz fällen, stehende Bäume umhauen,
S. Hau und Gehau. Sie hauen im Walde einen Baum, Jer.
10, 3. In Meißen wird hauen mehrmahls für mähen, abmähen gebraucht. Gerste,
Hafer, Gras, Erbsen hauen. Ingleichen für zerhauen. So heißet Holz hauen oder
Holz hacken, das gefällte Holz mit der Axt klein hauen. Fleisch hauen, es in
der Fleischbank zerhauen; daher die Fleischer an einigen Orten auch
Fleischhauer genannt werden. + Jemanden zur Bank hauen, eben daher, ihn in
seiner Abwesenheit verleumden und verkleinern. Wie auch für behauen, hauend
bearbeiten. Daß man mir Cedern aus Libanon haue, 1 Kön. 5, 6. Daß bey uns
niemand ist, der Holz zu hauen wisse, ebend. Ferner, durch Behauung oder durch
Hauen hervor bringen. Balken hauen. 2) In weiterer Bedeutung, mit ausgehohltem
Kopfe oder Schnabel verwunden oder schlagen. So sagt man von zahmen und wilden
Schweinen, daß sie hauen, oder um sich hauen, wenn sie mit ihren hervor
stehenden Zähnen nach jemanden schlagen. Ein hauendes Schwein, bey den Jägern,
ein wildes Schwein, wenn es über fünf Jahr alt ist, weil es alsdann am
gefährlichsten um sich hauet. Auch die Vögel hauen oder hacken mit ihrem
Schnabel Löcher in die Bäume u. s. f. Die Katze hauet mit ihren Klauen nach der
Maus. Bey den Jägern hauet der Biber, wenn er beißet. Aber von Scorpionen und
andern Thieren sagt man im Hochdeutschen stechen, beißen u. s. f. ungeachtet es
Offenb. 9, 5 heißt: und ihre Qual war wie eine Qual vom Scorpion, wenn er einen
Menschen häuet, (hauet.) 3) Noch häufiger verstehet man unter diesem Zeitworte
auch die Gewinnung oder Bearbeitung eines Körpers vermittelst des Meißels und
Schlägels; entweder weil diese Arbeiten ehedem mehr in eigentlichen Verstande
durch Hauen hervor gebracht worden, oder auch so fern hauen zuweilen für
schlagen gebraucht wird. Erz hauen, im Bergbaue, es vermittelst des Eisens und
Fäustels gewinnen, los machen. Daher diejenigen Bergleute, welche in den Gruben
und auf dem Gesteine arbeiten, auch eigentlich Häuer heißen. Steine aus den
Bergen hauen, Bar. 6, 38, so fern solches mit dem Meißel und Schlägel
geschiehet. Außerdem sagt man Steine brechen. Ingleichen auch mit dem Schlägel
und Meißel bearbeiten. Steine hauen oder behauen, ihnen auf solche Art eine
regelmäßige oder zierliche Gestalt geben, daher diejenigen welche solches thun,
Steinhauer genannt werden. Ein Grab in einen Fels hauen, Matth. 27, 60. Eines
Nahmen in Marmor hauen. Hingegen in Stein, in Marmor hauen, künstliche
Bildwerke vermittelst des Meißels und Schlägels hervor bringen, ist eine
Beschäftigung der Bildhauer, welche auch Bilder aus Stein, oder aus Holz hauen.
Aber etwas in Erz, in Metall hauen, wie man zuweilen in der dichterischen
Schreibart lieset, ist sehr oft unrichtig, weil die Metalle nur selten auf
dieses Art bearbeitet werden. Doch hauen die Schwertfeger nicht allein den
Grund, sondern auch Figuren in die Degengefäße, aber alsdann bedienen sie sich
gleichfalls eines Meißels und Schlägels, so wie die Feilenhauer, wenn sie
Feilen hauen, d. i. die Furchen, worin das Wesen einer Feile bestehet,
vermittelst eines Meißels und Hammers hinein schlagen. 4) In manchen Fällen
wird es für schlagen gebraucht, besonders für das Schlagen mit Ruthen. Einen
Verbrecher mit Ruthen hauen. Ein Kind mit der Ruthe hauen. Im gemeinen Leben
gebraucht man es auch wohl von dem Schlagen mit dem Stocke, oder mit der Fläche
einer Degenklinge.
S. auch Hacken. Das Hauptwort die Hauung ist in den
Zusammensetzungen häufiger als in dem einfachen Worte, ob man gleich im
Forstwesen einiger Gegenden einen Hau oder ein Gehau auch wohl eine Hauung zu
nennen pfleget. Anm. Bey dem Ottfried und Notker houuen und im Imperf. schon
hiuuuen, im Schwabensp. hauen, im Nieders. houen und houwen, im mittlern Lat.
houare, im Angels. heawian, im Engl. to hew, im Holländ. houwen; woraus
zugleich erhellet, woher das b im Imperfecto stammet. Andere Mundarten haben
statt der Blaselaute einen starken Hauchlaut, wie das Dän. hugge, das Schwed.
hugga, und unser hacken. Das Isländ. hoggva hat beyde zugleich. Es ist schwer
auszumachen, welches die eigentliche Bedeutung dieses Wortes ist. In einigen
alten Mundarten wird es häufig für schneiden gebraucht, (siehe Frisch v.
Heyen,) von welcher Bedeutung auch unser Hobel noch ein Überrest ist. Daß es
auch spalten und zermalmen bedeutet haben müsse, erhellet theils aus dem
Angels. heawan, theils aus unserm kauen, und daß man es ehedem häufiger für
schlagen gebraucht habe als jetzt, läßt sich aus dem Worte Heye, Pochheye, ein
Schlägel, beweisen.
S. diese Wörter. Die im Hochdeutschen ungewöhnlich Form,
ich haue, du häuest, er häuet u. s. f. kommt noch in einigen Ausgaben der
Deutschen Bibel und bey dem Opitz vor:
Wer sticht und häuet mich?
Und an einem andern Orte: der ein wenig zu sehr über die
Schnur häuet. [
1005-1006]