Der Gram
Der Gram,
[
771-772] des -es, plur. car. 1) + Eine
anhaltende mit Widerwillen oder Unwillen verbundene Abneigung gegen eine Person
oder Sache, ein geringerer Grad des Grimmes; in welcher Bedeutung es aber im
Hochdeutschen veraltet ist. Du bist mir verwandelt zu einem Grausamen, und
zeiget deinen Gram an mir mit der Stärke deiner Hand, Hiob 30, 21. Wenn Freunde
einander feind werden, so bleibet der Gram bis in den Tod, Sir. 37, 2.
S. das vorige und Grämen 1. 2) Ein höherer Grad der
anhaltenden Betrübniß über ein Übel. Ihr Auge verräth seit einiger Zeit einen
heimlichen Gram. Seinem Grame nachhängen. Von dem Grame verzehret werden. Sieh
wie der Gram um dich ihn zerfoltert, Weiße. Anm. In beyden Bedeutungen drucket
es freylich zwey sehr verschiedene Leidenschaften aus; allein bey der ersten
Armuth der Sprache war es nichts ungewöhnliches, zwey verschiedene Dinge, wenn
sie nur in einem dritten oft zufälligen Umstande mit einander überein kamen,
mit einerley Nahmen zu belegen. Die Entstellung der Gesichtszüge scheinet hier
dieser dritte Umstand zu seyn.
S. Grämlich, Griesgrammen. In den Monseeischen Glossen
ist gremiz traurig. Bey dem Opitz kommt auch das im Hochdeutschen unbekannte
Gramschaft, für Zorn, vor:
Und hättet ihr gleich Gott zur Gramschaft schon bewogen.
An einem andern Orte:
Und reizt dich deine Braut zur Gramschaft gar zu viel.
S. Grimm und Harm. [
773-774]