Glauben
Glauben,
[
703-704] verb. reg. act. etwas für wahr
halten. 1. In der weitesten Bedeutung dieses Ausdruckes, ohne Beziehung auf die
Gründe, warum man etwas für wahr hält, im Gegensatze des Zweifels und der
Verneinung, und mit der vierten Endung des Nennwortes. Einen Gott glauben, dem
Satze, daß ein Gott sey, überhaupt Beyfall geben, ohne zu wissen warum. Es gibt
immer noch Leute, welche Hexen und Gespenster glauben. Im gemeinen Leben auch
mit dem Vorworte an, an Hexen und Gespenster glauben. Er muß daran glauben,
sagt man im gemeinen Leben figürlich von jemanden, der einer unvermeidlichen
Sache nicht entgehen kann. Ehedem glaubte man, daß sich die Sonne um die Erde
bewege. Etwas für gewiß glauben, fest davon überzeugt seyn. Das glaub' ich,
wenn wir allen helfen könnten, dann wären wir zu beneiden, Less. 2. In engerer
Bedeutung, mit verschiedenen Nebenbegriffen und Einschränkungen. 1) Mit dem
Nebenbegriffe des Ungrundes, für, sich einbilden. Bav glaubt, daß er ein
vortrefflicher Dichter sey. Glaubest du etwa, daß du länger blühen wirst, als
einen Frühling? Bey den Dichtern zuweilen auch als ein Reciprocum mit der
vierten Endung der Sache. Daß Mops sich einen Dichter glaubt, Eron. 2) Mit dem
Nebenbegriffe, der wahrscheinlichen Gründe, für vermuthen. Ich glaube, er wird
nicht kommen, oder ich glaube nicht, daß er kommen wird. Ich habe es lange
geglaubt, daß Greif der Dieb ist. Wer hätte das glauben sollen, daß dein Bruder
so aus der Art schlagen würde? Er hatte sie, glaub' ich, gestern gesehen, d. i.
wie ich glaube, oder vermuthe. Sich sicher glauben, glauben, daß man sicher
sey. 3) Am häufigsten, einem Satze um des Zeugnisses eines andern willen
Beyfall geben; zum Unterschiede von dem Wissen und der Überzeugung. (a)
Eigentlich, mit der dritten Endung der Person und der vierten der Sache. Das
kann ich unmöglich glauben. Ich glaube dir diesen Umstand gerne. Star hat schon
so oft Unwahrheiten gesagt, daß man ihm nicht mehr glauben kann. Man kann
seinen Worten nicht glauben. Glauben sie meinen Schwüren nicht? wo die Sache
anstatt der Person in der dritten Endung stehet. Ich will es ihnen auf ihr Wort
glauben. Das glaub' ich in Ewigkeit nicht. Es ist zu glauben. Ich wills
glauben. Im Oberdeutschen auch mit der zweyten Endung der Sache. Thes gilaube
man mir, Ottfr. Er sündet, swer des nicht geloubet, Kaiser Heinrich. (b) In
engerer Bedeutung. (1) Im Handel und Wandel, eines Zusagen glauben, und ihm um
deßwillen etwas anvertrauen; in welcher Bedeutung es doch im Hochdeutschen
ungewöhnlich ist. Einem Waaren glauben, d. i. auf Credit geben. (2) In der
Theologie, einen Satz auf das Zeugniß Gottes für wahr halten. Ingleichen mit
dem Vorworte an, an jemanden glauben, die Besserung seines Zustandes von ihm
erwarten, um des Zeugnisses anderer willen. An Gott glauben, Gutes von ihm um
seiner Versicherung willen erwarten; wo dieses Wort so wohl absolute und
allein, als auch mit dem Vorworte an unter eben so vielen Einschränkungen
üblich ist, als das Hauptwort Glaube, und in der Deutschen Bibel oft die ganze
übernatürliche Fertigkeit der rechtmäßigen Veränderungen in sich begreift. Anm.
In dem Isidor lautet dieses Verbum chilauban, in dem alten Glaubensbekenntnisse
aus dem achten Jahrh. gelobon, bey dem Ottfried giloubon, bey dem Kero
kilauban, im Angels. gelyfan, geleawan, im Engl. to believe; woraus zu gleich
erhellet, daß das g nicht zum Stammworte gehöret, sondern aus der Vorsylbe ge
zusammen gezogen worden. Man findet auch wirklich nur louuen für glauben, und
die Niedersachsen sagen noch jetzt nur löven. Es gehöret zu dem alten Worte,
Laf. Lob, Laub, die Hand, von welchem Worte lauben, loben, so wohl active mit
einem Handschlage versprechen, und hernach versprechen überhaupt, (
S. Glaube I.) als auch intransitive, ein solches
Versprechen annehmen, und in weiterer Bedeutung, einen Satz für wahr halten,
bedeutete. Daher der noch im Handel und Wandel einiger Gegenden übliche
Gebrauch dieses Zeitwortes die erste eigentlich Bedeutung zu seyn scheinet.
S. auch Erlauben, Geloben, Liefern und Urlaub. Gläuben
für glauben ist eine im Hochdeutschen veraltete Form, welche im theologischen
Verstande in der Deutschen Bibel häufig vorkommt, und von einigen Geistlichen
aus bloßer Nachahmung beybehalten wird. [
703-704]